Weniger Verkehr, mehr Lebensqualität
Ortsumfahrung Marktoberdorf soll für Entlastung sorgen – Das Millionenprojekt hat eine lange Vorgeschichte
MARKTOBERDORF - Es ist keine unendliche, aber doch eine unglaublich lange (Vor-)Geschichte, die nun in Marktoberdorf ein Ende genommen hat. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und weitere geladene Gäste haben beim Spatenstich den Baubeginn der Ortsumgehung Marktoberdorf-Bertoldshofen offiziell gemacht. Mit diesem Akt startet ein für die Infrastruktur im Ostallgäu wichtiges und mit 53,5 Millionen Euro eines der derzeit teuersten Straßenbauprojekte in der Region. An seiner Verwirklichung wurde seit Ende der 1980er-Jahre gearbeitet.
Warum ist die Umgehung so wichtig?
Bis zu 14 000 Fahrzeuge bewegen sich täglich durch den Marktoberdorfer Ortsteil Bertoldshofen. Damit verbunden: Abgase, Lärm, Unfallgefahr. Seit Jahren setzten sich die Stadt, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Landräte und Bürgermeister daher dafür ein, dass die Umgehung verwirklicht wird. Der Marktoberdorfer Bürgermeister Wolfgang Hell betont die Bedeutung des Projekts: „Der Stadtteil Bertoldshofen wird vom massiven Durchgangsverkehr befreit und erhält dadurch deutlich mehr Lebensqualität. In der Kernstadt erhoffen wir uns vorwiegend eine Entlastung vom Schwerlastverkehr.“Durch das Projekt wird der gesamte überörtliche Verkehr im Raum Marktoberdorf und Bertoldshofen neu geregelt. B 16 und B 472 erhalten Anschluss an die B 12. Bürgermeister Wolfgang Hell
Warum verzögerte sich der Bau?
Bereits ab 1988 wurden mehrere Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Im Jahr 2003 schließlich fand das Projekt Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan. Mit der Planfeststellung im Jahr 2011 geriet das Projekt jedoch ins Stocken: Ein Bertoldshofener hatte Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eingereicht. Danach ruhte das Verfahren drei Jahre lang. Im Sommer 2014 nahm das Projekt wieder Fahrt auf: Der Marktoberdorfer Stadtrat und der Ostallgäuer Kreistag setzten sich mit Resolutionen für die Umfahrung ein. Ende 2014 sprach eine Ostallgäuer Delegation beim Innenminister vor und im November 2015 wurde das Verfahren wieder aufgenommen. Mitte März 2016 die Entscheidung: Das Projekt ist auch im neuen Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf enthalten. Und im April 2016 wies der VGH schließlich die Klage gegen die Umgehung ab und der Planfeststellungsbeschluss wurde somit rechtskräftig. Im Juli 2016 erteilte das Bundesverkehrsministerium Baufreigabe.
Warum hat das Projekt Gegner?
Die Umgehung hat nicht nur Unterstützer. Besonders im Marktoberdorfer Ortsteil Hausen formierte sich Widerstand. Der Ärger entzündete sich vor allem darüber, dass Grundstücksbesitzer mit dem Vorgehen der Behörden nicht einverstanden waren. Mit ihnen sei zu spät oder gar nicht über den notwendigen Grundstücksverkauf gesprochen worden, hieß es. Zudem sehen die Kritiker keine allzu große Verkehrsentlastung für die Stadt Marktoberdorf und forderten noch Mitte 2016 eine Neuplanung der Trasse.
„In der Kernstadt erhoffen wir uns vorwiegend eine Entlastung vom Schwerlastverkehr.“
Wie soll der Bau zeitlich ablaufen?
Nach Angaben von Ralf Eisele, Abteilungsleiter am Staatlichen Bauamt in Kempten, spielt der rund 600 Meter lange Tunnel östlich von Bertoldshofen eine entscheidende Rolle für das gesamte Bauprojekt. Um den Tunnel bauen und Material transportieren zu können, wird bereits heuer eine Baustraße auf der künftigen Trasse angelegt. Im Frühjahr 2018 startet dann der Tunnelbau, für den über 100 000 Kubikmeter Erdmaterial bewegt werden müssen. Drei Jahre sind für Grabung und Tunnelausbau kalkuliert. Sämtliche Straßenstücke (insgesamt 6,3 Kilometer) inklusive der Anbindung an die B 12 sollen dann gleichzeitig mit dem Tunnel fertig sein. Verkehrsfreigabe ist laut Eisele für Herbst 2021 geplant.