Der große Roger macht’s noch mal
Federer gewinnt Giganten-Finale gegen Rafael Nadal und ist nun ältester Grand-Slam-Champion seit 1972
MELBOURNE (dpa/SID) - Als es vollbracht war, saß Roger Federer auf seiner Bank und weinte Tränen des Glücks. Wenig später stemmte der beste Tennisspieler aller Zeiten nach seinem Sieg bei den Australian Open gegen Rafael Nadal mit letzter Kraft die Siegertrophäe in den Nachthimmel und erwies sich nach dem Gewinn seines 18. Grand-Slam-Titels wieder einmal als ganz Großer.
„Schade, dass es kein Unentschieden gibt. Ich würde den Erfolg am liebsten mit Rafa teilen, auch er hätte es verdient“, sagte er nach dem 6:4, 3:6, 6:1, 3:6, 6:3 im Finalkrimi gegen seinen Dauerrivalen.
In den Katakomben umarmte Federer danach seine Frau Mirka gefühlt minutenlang, ehe er sich wieder den Norman-Brooks-Cup schnappte, den es für den Sieg in Melbourne gibt. Der erste MajorCoup seit Juli 2012 in Wimbledon sorgte für großes Gefühlskino bei Federer. „Wir werden heute Nacht feiern wie die Rockstars“, sagte er, als er um zwei Uhr nachts zur Pressekonferenz erschien.
Nach 3:38 Stunden hatte Federer in seinem 100. Match bei den Australian Open seinen zweiten Matchball verwandelt, nachdem er im letzten Satz bereits mit einem Break und 1:3 zurückgelegen hatte. „Ich könnte nicht glücklicher sein. Das ist ein perfektes Comeback“, sagte er.
Federer ist mit 35 Jahren und 174 Tagen der älteste Grand-SlamChampion seit 1972. Nadal war sichtlich enttäuscht, hatte aber nur Lob für Federer übrig. „Was er geleistet hat, ist erstaunlich. Nach einer langen Pause so zurückzukommen, ist toll“, sagte er.
Der Weltranglisten-17. Federer, der die vergangene Saison wegen einer Knieverletzung bereits im Juli beenden musste, kassierte für seinen fünften Australian-Open-Erfolg seit 2004 umgerechnet rund 2,6 Millionen Euro. Damit durchbrach der siebenmalige Wimbledongewinner als zweiter Spieler nach Novak Djokovic die 100-Millionen-Dollar-Schallmauer an Preisgeldern.
Für Federer war es erst der zwölfte Sieg im 35. Duell mit Nadal. Der 30Jährige aus Manacor muss damit weiter auf seinen insgesamt 15. Major-Titel warten, den letzten hatte der Sandplatzkönig im Juli 2014 bei den French Open gewonnen.
Der „ultimative Klassiker“zwischen den „Giganten des Spiels“(„Herald Sun“) hatte die Massen schon vorher elektrisiert. Auf der einen Seite der stilsichere Maestro, der mit Leichtigkeit über den Platz schwebt. Ihm gegenüber der trotz des lichter werdenden Haarschopfs knabenhaft wirkende „Rafa“, der Tennis mit Leib und Seele arbeitet. Australiens Ikone Pat Cash hatte gar einen kleinen Glaubenskrieg aus dem Duell gemacht: „Es ist wie damals, als man zwischen den Stones und den Beatles wählen musste. Aber warum sagen wir nicht einfach, dass beide einfach großartig sind.“