Flüchtlinge kommen wieder vermehrt von Nordafrika übers Meer nach Italien
10 000 Flüchtlinge in nur wenigen Tagen. Pro Tag erreichen durchschnittlich 2000 Menschen Italiens Küsten. Dieser neue Flüchtlingsrekord beunruhigt die Regierung von Matteo Renzi. In den vergangenen Tagen gingen Bilder von großen Flüchtlingsbooten um die Welt, die auf hoher See und vor laufenden Kameras kenterten. Wie viele Flüchtlinge dabei starben ist unklar. Von Porto Empedocle bei Agrigent auf Sizilien aus starten immer wieder Erkennungsmaschinen der EU-Flüchtlingsmission, auf der Suche nach Überlebenden, die im Wasser treiben. Immer öfter stoßen die Piloten auf Leichen. Hunderte von Leichen, die auf die Küsten Siziliens zutreiben. Seit einigen Tagen hat ein seit Monaten nicht mehr dagewesener Flüchtlingsstrom auf Italien eingesetzt. Nicht mehr nur aus Libyen, sondern immer stärker auch aus Algerien und Tunesien. Neu sind Schlepperboote aus Ägypten, aus der Türkei und Griechenland. „Seit die Grenzen in Südosteuropa weitgehend dicht sind“, so Italiens Verteidigungsministerin Roberta Pinotti am Freitag, „nehmen die meisten der Boote Kurs auf Italien“. Die italienische Marine tut was sie kann. Und mit ihr Schiffe der deutschen, der spanischen und französischen Marine. Auf See spielen sich inzwischen täglich Dramen ab. Der italienischen Caritas zufolge kommen verstärkt Menschen aus nord- und schwarzafrikanischen Staaten nach Italien. Syrer sind in der Minderheit. Seit Beginn dieses Jahres kommen die meisten Flüchtlinge aus Nigeria, gefolgt von Eritrea, Gambia, Somalia, der Elfenbeinküste, Guinea, Mali und Senegal. „Wir hoffen“, so Verteidi- gungsministerin Pinotti, „dass der EU-Pakt zur Hilfe Afrikas diese Menschen davon überzeugen wird, in ihren Ländern zu bleiben.“Eine vage Hoffnung, erklärt Pino Giulia von der Caritas Italia. Zehntausende wollen nach Europa. Die italienischen Auffanglager sind voll. Matteo Renzi richtete am Freitag beim G-7-Treffen in Japan einen dringenden Appell an die Mitgliedsstaaten der EU. „Ihr müsst uns helfen, wir werden mit diesem Ansturm nicht allein fertig“. Dass die österreichische Regierung am Freitag die Zahl ihrer Soldaten an der Brennergrenze erhöhte, wird aus Kreisen um Regierungschef Renzi als die falsche Reaktion interpretiert. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind fast 38 000 Menschen nach Italien geflohen. 2015 waren es knapp 154 000. (mig)