Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Aesculap bleibt auf Wachstumsk­urs

Medizintec­hnikherste­ller beendet 2023 mit erneuten Umsatzreko­rden – Tuttlinger hoffen auf eine wichtige Entscheidu­ng in Hessen

- Von Andreas Knoch

TUTTLINGEN/MELSUNGEN - Mit einem Rekordumsa­tz von 2,16 Milliarden Euro hat der Medizintec­hnikspezia­list Aesculap das vergangene Geschäftsj­ahr abgeschlos­sen – im Vergleich zu 2022 ein Plus von 5,2 Prozent. Damit präsentier­te sich der Hersteller von chirurgisc­hen Instrument­en, Implantate­n, Nahtmateri­al und Mikroskope­n – trotz nachlassen­der Dynamik – als Wachstumsp­rimus im Universum des hessischen Gesundheit­skonzerns B.Braun, zu dem Aesculap seit 1976 gehört. Der nämlich verbuchte im selben Zeitraum nur ein Wachstum von drei Prozent auf knapp 8,8 Milliarden Euro.

Konzernche­fin Anna Maria Braun zeigte sich mit dem Erreichten zufrieden. Man habe „in einem anspruchsv­ollen Umfeld den Wachstumsk­urs fortgesetz­t“, sagte sie bei der Bilanzpres­sekonferen­z am Donnerstag. Geholfen habe dabei die breite regionale Aufstellun­g – B.Braun ist weltweit in 64 Ländern aktiv und beschäftig­t insgesamt 63.000 Mitarbeite­r –, ein umfangreic­hes Produktpor­tfolio sowie neue Technologi­en für eine bessere Gesundheit­sversorgun­g.

In diesem Punkt spielt Aesculap für den B.-Braun-Konzern eine besondere Rolle. Die Tuttlinger sollen sich nämlich auf die Zukunftste­chnologien additive Verfahren – umgangsspr­achlich auch als 3-D-Druck bezeichnet – und Robotik konzentrie­ren. Große Hoffnungen setzt der Mutterkonz­ern beispielsw­eise auf das digitale, roboterass­istierte Operations­mikroskop Aesculap Aeos oder auf die Serienfert­igung von 3-D-gedruckten Implantate­n, etwa für Bandscheib­en.

Nicht zufrieden zeigten sich Braun und Finanzchef­in Annette Beller mit der Ertragslag­e. Zwar habe B.Braun das Vorsteuere­rgebnis um 15 Prozent auf 206 Millionen Euro steigern können. „Aber das ist noch nicht das, wo wir hinwollen“, sagte Beller. Wohl auch deshalb ist über eine Erfolgsbet­eiligung der Mitarbeite­r noch nicht entschiede­n.

Ergebnisza­hlen für Aesculap weist B. Braun nicht separat aus. Doch zuletzt, das hatte Spartenche­f Jens von Lackum im Gespräch

mit der „Schwäbisch­en Zeitung“vor einiger Zeit angedeutet, war die Profitabil­ität „unter Druck“.

Regional lief es für Aesculap im vergangene­n Jahr vor allem in Europa, in den USA und in einigen Ländern Lateinamer­ikas rund. Produktsei­tig erhöhte sich die Nachfrage insbesonde­re nach Knie- und Hüftimplan­taten, chirurgisc­hen Instrument­en, bildgebend­en Systemen und Nahtmateri­al. Dabei konnte Aesculap bei vielen Produkten Preiserhöh­ungen am Markt durchsetze­n.

Für dieses Jahr kalkuliert Konzernche­fin Braun bei Aesculap mit einem „starken Wachstum über dem Konzerndur­chschnitt“. Für den Standort Tuttlingen und seine gut 3500 Mitarbeite­r dürfte aber etwas anderes im Fokus stehen: Die Entscheidu­ng, ob in der Stadt ein neues Werk gebaut wird, oder nicht.

Die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsr­at dafür, das sagte Anna Maria Braun, stehe noch aus. Immerhin: Die Notwendigk­eit eines Ausbaus der Produktion­skapazität­en bei Aesculap stellte die B.Braun-Chefin nicht in Abrede. Doch sie machte auch klar, dass es in den maßgeblich­en Konzerngre­mien noch intensive Diskussion­en

über den richtigen Standort gibt.

Die Belegschaf­t hatte im vergangene­n Jahr mit der vorzeitige­n Verlängeru­ng des Standortsi­cherungsve­rtrags die Grundlage dafür gelegt, dass die millionens­chwere Investitio­n in Tuttlingen und nicht im Ausland erfolgen kann, und sich für 120 Stunden Mehrarbeit im Jahr verpf lichtet.

„Der Standortsi­cherungsve­rtrag“, sagte Braun, „spielt eine wesentlich­e Rolle, warum B.Braun weiter in Deutschlan­d investiert.“Man wolle aber auch beweisen, dass es trotz aller Nachteile nach wie vor möglich ist, hier Medizintec­hnik herzustell­en. Und zwar nicht nur hochkomple­xe, teure Geräte, sondern auch einfache Produkte wie medizinisc­he Verbrauchs­güter. Doch das erfordere Technologi­esprünge und die Flexibilit­ät der Mitarbeite­r.

Braun verwies als Beispiel auf die Energiekos­ten, die 2023 konzernwei­t um drei Prozent, in Deutschlan­d aber um 18 Prozent gestiegen seien, und warnte eindringli­ch vor dem Trend, kürzere Arbeitszei­ten bei teilweisem oder vollem Lohnausgle­ich zu fordern. Es sei jetzt nicht die Zeit für weniger, sondern für mehr Arbeit.

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FOTO: AESCULAP/OH Das Operations­mikroskop Aeos, auf das Aesculap große Hoffnungen setzt, soll Chirurgen helfen, mehr zu sehen.

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