Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hinterer Hafen – Jetzt soll ein Masterplan her
Was bisher (nicht) geschah und wie es nun mit diesem ISEK-Leitprojekt weitergehen soll
FRIEDRICHSHAFEN (li) - Geht’s mit der Überplanung des Hinteren Hafens nun doch mal voran? Bei einer Enthaltung hat der Gemeinderat die Stadtverwaltung beauftragt, einen Masterplan aufzustellen, der auch das Museumskonzept und den Romanshorner Platz miteinbezieht.
Darüber hinaus soll die Stadt mit den verschiedenen Grundstückseigentümern deren Bereitschaft zu einer baulichen Entwicklung klären. Die Frage zum künftigen Standort der Fahrgeschäfte am Seehasenfest soll nun ebenfalls beantwortet werden. Das klingt alles andere als neu – und wirft die Frage auf, warum das alles in den vergangenen acht Jahren nicht längst passiert ist.
„Das ist der Startschuss für die Entwicklung des Hinteren Hafens. Was nun folgt, ist allerdings kein 100-Meter-Lauf, sondern mindestens ein Halbmarathon.“Nein, dieses Zitat fiel nicht in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Vielmehr stammt es aus einem Kommentar von Redaktionsleiter Martin Hennings in der „Schwäbischen Zeitung“, veröffentlicht im Februar 2016, nachdem das Land den Hinteren Hafen als Sanierungsgebiet ins Programm zur Förderung des Städtebaus aufgenommen hatte. Aus dem Programm ist die Stadt mittlerweile aufgrund verfahrenstechnischer Schwierigkeiten ausgestiegen, eine Weiterentwicklung des Areals ist aber weiterhin erklärtes Ziel von Verwaltung und Gemeinderat.
Und so war in der jüngsten Ratssitzung erneut von einem „Startschuss“die Rede. Warum all das, was nun geklärt werden soll, in den vergangen acht Jahren nicht längst geklärt worden ist, blieb in der Sitzung offen. Im Herbst 2020 hatte die Verwaltung den jahrelangen planerischen Stillstand gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“mit „komplexen Eigentumsverhältnissen“erklärt. Die größte nicht städtische
Fläche im Gebiet, das überplant werden soll, ist das Gelände der BSB-Werft.
Anfang 2017 hatte OB Andreas Brand klargestellt, dass die Planungen für den Hinteren Hafen auch erst dann beginnen sollen, wenn geklärt ist, wie die Zukunft des Rudervereins, des Eisenbahner Sportvereins Segeln und des Segel-Motorboot-Clubs Friedrichshafen (SMCF) aussieht – und wohin der Seehasenfest-Rummel verlegt werden könnte, wenn es am Hinteren Hafen keinen Parkplatz mehr gibt.
Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“im Herbst 2020, warum diese Punkte noch immer nicht geklärt seien, hieß es aus dem Rathaus: „Da derzeit aufgrund der Eigentumsverhältnisse und der teilweise fehlenden Möglichkeiten für einen Grundstückszugriff die Umsetzungsperspektive nicht absehbar ist, macht die Erstellung von Planungskonzeptionen als Grundlage für Gespräche zu Nutzungsoder Standortverlagerungen wenig Sinn.“
Und warum ergibt es heute Sinn? Inwiefern hat sich die Ausgangslage verändert? „Da die Verfügbarkeit von Grundstücken trotz der geführten Gespräche und Verhandlungen bislang nicht vollumfänglich geklärt werden konnte, hat die Verwaltung dem Gemeinderat jetzt vorgeschlagen, einen Masterplan für den Hinteren Hafen zu entwickeln“, teilt die Stadtverwaltung dazu mit. Und weiter: „Vor diesem Hintergrund werden die Rahmenbedingungen, wie etwa die Standortfrage der Fahrgeschäfte am Seehasenfest, jetzt angegangen.“
In der Gemeinderatssitzung konstatierte OB Brand: „Wenn wir nicht auf Pläne warten, die auf jede Eventualität eine Lösung bieten, haben wir schon viel gewonnen.“Im Gremium stieß das vorgeschlagene Vorgehen letztlich auf breite Zustimmung, wobei die meisten Fraktionen klar zum Ausdruck brachten, dass es mit der Entwicklung des Hinteren Hafens – immerhin ein Leitprojekt des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts – jetzt wirklich vorwärts gehen muss. „Wir haben uns oft selbst überfordert mit Masterplänen“, stellte CDUFraktionschef Achim Brotzer fest und nannte als mahnendes Beispiel den Uferpark.
SPD-Rat Heinz Tautkus und Simon Wolpold vom Netzwerk für
Friedrichshafen hoben besonders das Museumskonzept hervor, das durch die Erstellung eines Masterplans nicht noch weiter verzögert werden dürfe. Mit Blick auf die Zuhörerplätze im Sitzungssaal sprachen sich zudem beide dafür aus, dass die „Schussen“, das zum Restaurant und Vereinsheim des SMCF umgebaute Schiff neben der Werft, ein wichtiger Bestandteil des Gebiets bleiben sollte.
In der Bürgerfragestunde machte sich dann auch Ralf Steck, Vorsitzender des SMCF, für die „Schussen“stark. Sie ist nach seinen Worten nicht nur ein Vereinsheim, sondern „seit 36 Jahren unsere Heimat“. Im August 2023 war die Küche des Gastronomiebetriebs in dem ehemaligen Schiff ausgebrannt. Der SMCF plane eine aufwändige Sanierung, brauche aber unter anderem wegen verschiedener Zuschussgeber Planungssicherheit, so Steck. „Unser Ziel ist es, die ,Schussen‘ so herzurichten, dass ein Investor sagt: Die ist so schön, die muss blieben.“Oberbürgermeister Brand sagte rasche Gespräche zu dem Thema zu.
Wie eine Entwicklung des Hinteren Hafens insgesamt aussehen kann, dazu gehen die Meinungen zum Teil noch recht weit auseinander. Netzwerk-Rat Philipp Fuhrmann warf die Frage in den Raum, ob man für die Bereiche, die der Stadt gehören, zugunsten einer Freiraumgestaltung komplett auf eine Bebauung verzichten sollte. Grünen-Rat Ulrich Heliosch sprach sich insbesondere für den Bereich zwischen Ruderverein und Hafenbecken für eine Aufwertung durch Grün- und Aufenthaltsf lächen aus, zeigte sich aber zumindest offen für eine mögliche Wohnbebauung an der Straße. Generell für eine „Bebauung, die am Gemeinwohl orientiert ist“, plädierte Simon Wolpold, für einen „Mix unterschiedlicher Nutzungen zur Aufwertung der Innenstadt“Achim Brotzer.