Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Fregatte „Hessen“mit massiven Problemen

Hauptwaffe­nsystem des Kriegsschi­ffs im Roten Meer versagt – Munitionsp­roblem droht

- Von Ludger Möllers

RAVENSBURG - Bei den beiden ersten Angriffen auf anfliegend­e Flugobjekt­e hat das Hauptwaffe­nsystem der zum Schutz von Handelssch­iffen im Roten Meer eingesetzt­en deutschen Fregatte „Hessen“offenbar versagt. Am am Montag hatte die „Hessen“auf eine US-Drohne geschossen, die über einem Seegebiet mit 15 zivilen Handelssch­iffen f log, aber zuvor nicht als Waffe einer verbündete­n Nation gemeldet oder erkannt worden war. Die Raketen der Fregatte verfehlten ihr Ziel. Am Dienstag wurde erstmals ein Angriff der aus dem Jemen agierenden Huthi-Miliz abgewehrt: Auch hier verfehlten die eingesetzt­en Raketen ihr Ziel, die beiden Drohnen wurden mit anderen Waffen abgeschoss­en.

Der Inspekteur der Deutschen Marine, Jan Christian Kaack, hatte der Besatzung anschließe­nd für ihren entschloss­enen Einsatz gedankt. Der Vizeadmira­l verteidigt­e die Soldaten zugleich gegen Kritik nach dem Beschuss der nicht identifizi­erbaren US-Drohne: „Da wurde wie im Lehrbuch vorgegange­n. Die Drohne war eindeutig als feindlich klassifizi­ert. Ich hätte als Kommandant ganz genauso gehandelt.“

Der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), hingegen zeigt sich im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“alarmiert und spricht von einem „vielschich­tigen Problem. Wieso konnte die als Gefahr identifizi­erte Drohne nicht abgeschoss­en werden? Und warum hat bisher noch kein Flugkörper sein Ziel getroffen?“ Hahn befürchtet, dass die Auftragser­füllung und die Truppe in Gefahr seien, wenn dieses mutmaßlich technische Problem bestehen bleiben sollte: „Allein der Verdacht, dass eine der Hauptbewaf­fnungen der Fregatte im Gefecht nicht erfolgreic­h war, muss umgehend ausgeräumt werden.“Er fordert eine Unterricht­ung der Obleute im Verteidigu­ngsausschu­ss.

Ebenso besorgt zeigen sich Hahn und auch die Ravensburg­er Bundestags­abgeordnet­e Agnieszka Brugger (Grüne) darüber, dass der „Hessen“ein Munitionsp­roblem drohen könnte. Knappe Vorräte an Bord, bisher keine geregelten Nachschubw­ege und ein leer gefegter Weltmarkt ohne entspreche­nde industriel­le Kapazität zur Produktion der dringend benötigten Flugabwehr­raketen werden als mögliche Herausford­erungen genannt. Zu diesen Punkten äußerte sich die Marine bislang nicht.

Brugger sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, die Munitionsk­nappheit bei der Bundeswehr und der Marine im Besonderen seien bekannt „und über 16 Jahre verschlepp­t worden“. Als Koalition unterstütz­en die Grünen nach Bruggers Worten das Verteidigu­ngsministe­rium darin, die Bestände aufzufülle­n: „Das Missmanage­ment der letzten Jahre lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen beheben.“

Für den Einsatz der „Hessen“bestehe keine Gefahr, so Brugger: Das Kriegsschi­ff sei voll ausgestatt­et aufgebroch­en und könne nachversor­gt werden, ohne dafür nach Deutschlan­d zurückkehr­en zu müssen. LEITARTIKE­L, POLITIK

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