Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Urteil im Assange-Prozess vertagt
Laupheimer Spediteur kämpft für Freilassung – Aktionen in Berlin, Wien, Frankfurt
LAUPHEIM - „Wir kämpfen bis zuletzt für die Freilassung von Julian Assange!“Das sagt der Laupheimer Spediteur Markus Barth, der während des gestrigen Prozesses gegen den Whistleblower mit einer ungewöhnlichen Aktion für Aufsehen sorgte. Barth hatte drei seiner Lkw mit dem Slogan „Journalismus ist kein Verbrechen! Free Julian Assange“beschriften lassen. Mitarbeiter platzierten die Lkw von Dienstag bis Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in Berlin, dem Staatstheater in Wien und vor der Alten Oper in Frankfurt.
„Wir fahren seit zwei Jahren mit den gebrandeten Lkw durch Europa“, sagt Barth im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, „wir bekommen nur positive Rückmeldungen. Mich erreichen fast täglich E-Mails von Menschen, die unsere Aktion ‚Free Julian Assange‘ unterstützen.“
Barth empfindet es als „Skandal“, dass Assange seit vier Jahren in London in Einzelhaft sitzt – und vor allem stellt er die Frage: „Was hat er denn Schlimmes gemacht? Er hat unter anderem Kriegsverbrechen der US-Amerikaner aufgedeckt. Das ist Journalismus – und freier Journalismus muss eine heilige Kuh sein.“
Die entscheidende Anhörung im juristischen Tauziehen um die Auslieferung von WikileaksGründer Assange ging am Mittwoch in die zweite Runde. Ein Gericht in London soll entscheiden, ob Assange ein Berufungsverfahren zusteht. Für den 52-Jährigen wäre es die letzte Chance, sich vor einem britischen Gericht gegen seine Abschiebung zu wehren. Das US-Justizministerium will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen.
Eine Anwältin wies am Mittwoch den Vorwurf zurück, die USA würden Assange wegen seiner politischen Ansichten verfolgen. Stattdessen argumentierte Clair Dobbin für die US-Seite, Assange habe mit der Veröffentlichung ungeschwärzter Dokumente andere Menschen gefährdet. Es habe sich nicht um einen „Patzer“oder „Fehler“gehandelt, sondern es seien riesige Mengen unzensierten Materials veröffentlicht worden.
Washington wirft dem Australier Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assange drohen bei einer Verurteilung in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Assanges Anwälte hingegen sehen in der Strafverfolgung eine Vergeltungsaktion Washingtons, weil Wikileaks durch die Veröffentlichungen auch Kriegsverbrechen aufgedeckt hatte.
Vor dem Londoner Gerichtsgebäude Royal Courts of Justice forderten Demonstrantinnen und Demonstranten am Mittwoch erneut, Assange müsse freigelassen werden. Sie hielten ein Banner und Plakate mit Aufschriften wie „Free Assange“und „Journalism is not a crime“(übersetzt: „Journalismus ist kein Verbrechen“).
Die Anhörung, die am Dienstag begonnen hatte, war auf zwei Tage angesetzt. Wann das Gericht entscheidet, war zunächst unklar. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge wird eine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.
Sollte Assanges Berufungsantrag in London abgelehnt werden, bliebe ihm noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Seine Frau Stella Assange hatte angekündigt, sein Team werde dort umgehend einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern. Es gebe aber die Sorge, dass die britische Regierung eine solche Anordnung ignorieren könnte.