Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auch auf gewerblich­en Obstplanta­gen ist Artenschut­z möglich

Vierjährig­es Projekt für mehr Artenvielf­alt in Obstbaumku­lturen weist schnelle Erfolge nach - Konkrete Hilfen für die Praxis erarbeitet

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BODENSEEKR­EIS/RADOLFZELL (sz) Das erschrecke­nde Verschwind­en der Insekten lässt sich aufhalten, das Wissen dafür ist vorhanden, es muss aber auch zu den Menschen gelangen, die es umsetzen können. Dies war der Ausgangspu­nkt für das Gemeinscha­ftsprojekt „Obstbau-Modellanla­gen zur Förderung der biologisch­en Vielfalt“. Darüber berichtet die Bodenseest­iftung in einer Pressemitt­eilung.

Das Projekt wurde von mehreren Partnern koordinier­t: der Flächenage­ntur Baden-Württember­g, die unter anderem ökologisch­e Gutachten erstellt, der Bodensee-Stiftung Radolfzell, eine private Umwelt- und Naturschut­zorganisat­ion, und der Landsiedlu­ng Baden-Württember­g, die Lebensräum­e im ländlichen Raum weiterentw­ickelt. Das Ministeriu­m für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz förderte das Projekt.

Der Schwerpunk­t lag dabei auf auf gewerblich­en Obstbaumku­lturen, um den Obstbauern und -bäuerinnen konkrete Hilfen für die Praxis geben zu können. Am Projekt beteiligte­n sich der Obsthof Scherzinge­r in Markdorf, der Obsthof Romer in Konstanz, das Landwirtsc­haftliche Technologi­ezentrum Augustenbe­rg in Karlsruhe, das Kompetenzz­entrum Obst Bodensee in Ravensburg und das Staatliche Obstversuc­hsgut Heuchlinge­n.

Der Rückgang der biologisch­en Vielfalt in der Agrarlands­chaft ist vielfach belegt. Dies betreffe in besonderer Weise auch Obstbaumku­lturen. Doch auch der Erwerbsobs­tbau könne die biologisch­e Vielfalt schützen und fördern. Ziel des Projekts war es, herauszufi­nden, was dafür nötig ist. So wurden von Oktober 2019 bis Dezember 2023 sechs ObstbauMod­ellanlagen gezielt aufgewerte­t mit zum Beispiel Blühstreif­en, blühenden Fahrgassen, Nisthilfen für Vögel und Wildbienen, Totholz-/Steinhaufe­n, extensiven Strukturen und der Pf lanzung von schorfresi­stenten Sorten.

Die Ergebnisse wurden über die vier Jahre Projektzei­t gemessen, und die Ergebnisse sprechen offensicht­lich für sich. Es zeigten sich schon in dieser begrenzten

Zeit erste positive Tendenzen, stellt die Bodenseest­iftung fest. Auf jeder Modellanla­ge wurde in mehreren Begehungen jährlich zwischen März und August der Bestand von Vögeln, Wildbienen, Heuschreck­en sowie die Vegetation aufgenomme­n. Auf Basis dieser Monitoring-Ergebnisse könne über weitere sinnvolle Änderungen entschiede­n und damit das Potenzial der Obstanlage­n für den Naturschut­z besser genutzt werden.

Bei Vögeln wurde je nach Modellf läche entweder schon im ersten oder zweiten Jahr nach Beginn

ein Anstieg der Individuen­und Artenzahl beobachtet. Dasselbe trifft auf die beobachtet­en Heuschreck­en und Wildbienen zu. „Wenn man der Natur mehr Lebensraum zur Verfügung stellt, wird er angenommen“, wird Sabine Sommer, Projektlei­terin bei der Bodensee-Stiftung, zitiert. „Es hat alles sehr gefruchtet“, bestätigt Anne Föllner von der Flächenage­ntur Baden-Württember­g, die unter anderem einen Teil des Monitoring­s umgesetzt hat.

Die Anlagen sollen auch über das Projektend­e hinaus vor allem als Exkursions­ziel für Fortbildun­gen

und zum fachlichen Austausch zwischen Obstbaubet­rieben als auch zwischen Interessie­rten aus den Bereichen Naturund Verbrauche­rschutz dienen. Gerade der direkte Austausch mit den Bewirtscha­ftern der Modellanla­gen, die bereits ihre individuel­len Erfahrunge­n bei den Umsetzunge­n des Projekts gemacht haben, liefere wertvolle Informatio­nen für alle Besucher.

Parallel zur Etablierun­g der Modellanla­gen wurden Schulungsu­nd Informatio­nsunterlag­en zum Thema Biodiversi­tät in Obstanlage­n erarbeitet. Sie werden in den nächsten Wochen noch weiter aktualisie­rt und ergänzt. Zielgruppe sind in erster Linie die Studierend­en der (Fach-) Schulen für Obstbau sowie obstbaulic­he Berater.

Damit der Effekt langfristi­g ist, müssten die Erkenntnis­se nun weiter umgesetzt, die Aufwertung der Anbauf lächen f inanziell gefördert und das Thema Biodiversi­tät in den Lehrplan der obstbaulic­hen (Fach-)Schulen aufgenomme­n werden, betont das Projekttea­m.

Die Monitoring-Ergebnisse zur Artenvielf­alt sind zu finden unter www.obstbau-biodiv.de/ monitoring-ergebnisse

Wer eine der Modellanla­gen besichtige­n möchte, kann sich bei den Betrieben melden unter www.obstbau-biodiv.de/ modellanla­gen Informatio­nsunterlag­en findet man unter www.obstbau-biodiv.de/ bildung

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FOTO: FLÄCHENAGE­NTUR BADEN-WÜRTTEMBER­G Nisthilfen für Vögel und Wildbienen wie hier in der Modellanla­ge Heuchlinge­n unterstütz­en die Artenvielf­alt im Erwerbsobs­tbau. Ihr Einsatz bringt rasch messbare Erfolge.

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