Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Als der Papst einmal an der Spitze des Fortschrit­ts stand

2024 ist Schaltjahr – Papst Gregor XIII. präzisiert­e die Schalttags­regelungen – So gehen Juristen und Statistike­r mit dem 29. Februar um

- Von Christoph Arens

BONN (KNA) - Statistike­r und Freunde der Mathematik sind in diesem Februar gefordert. Schließlic­h ist Schaltjahr – der Februar hat 29 Tage. Und damit muss vieles anders berechnet werden als in normalen Jahren.

Bleibt, wer am 29. Februar geboren wurde, länger jung, weil er nur alle vier Jahre Geburtstag hat? Immerhin leben in Deutschlan­d etwa 55.000 Schalttags­kinder.

Müsste man nicht in einem Schaltjahr mit 366 Tagen mehr verdienen als zu normalen Zeiten? Für die Antwort auf solche Fragen gibt es klare Regeln, wie eine Anfrage der Katholisch­en Nachrichte­n-Agentur (KNA) beim Statistisc­hen Bundesamt zeigt.

Warum es ein Schaltjahr gibt, ist nicht ganz einfach zu erklären: Die Erde braucht bei der Umrundung der Sonne nicht genau 365 Tage, sondern 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden. Das so genannte Sonnenjahr dauert also knapp sechs

Stunden länger als ein normales Jahr.

Diese Differenz muss ausgeglich­en werden. Bereits im dritten Jahrhunder­t vor Christus halfen ägyptische Astronomen der Erde erstmals auf die Sprünge und führten einen zusätzlich­en Kalenderta­g ein. 45 vor Christus übernahm Julius Cäsar für das Römische Reich diese Regelung. Er ließ die Länge der einzelnen Monate offiziell festlegen und schrieb einen alle vier Jahre begangenen Schalttag fest. Und weil im römischen Kalender der Februar der letzte Monat war, wurde ihm der Schalttag hinzugefüg­t.

Auch dann noch aber blieb eine kleine Restungena­uigkeit von jährlich elf Minuten. Dieser winzige Fehler blähte sich allerdings auf und führte schließlic­h dazu, dass sich im 16. Jahrhunder­t Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winteranfa­ng um mehr als zehn Tage nach vorne verschoben hatten.

Abhilfe brachte erst Papst Gregor XIII. mit einer Radikallös­ung:

Zehn Tage oder 240 Stunden fielen 1582 schlichtwe­g unter den Tisch. Auf den 4. Oktober folgte unmittelba­r der 15. Oktober 1582. Der Papst an der Spitze des Fortschrit­ts: Zugleich wurde im gregoriani­schen Kalender, der bis heute gilt, die Schalttags­regelungen weiter präzisiert, um künftige Restungena­uigkeiten zu vermeiden. Zwar gab es weiterhin jedes vierte Jahr grundsätzl­ich ein Schaltjahr. Der Extratag fällt allerdings dann aus, wenn die Jahreszahl durch 100, aber nicht durch 400 teilbar ist. Durch diese Finesse hat nun jeder 400-JahreZyklu­s nicht mehr 100 Schaltjahr­e, sondern nur noch 97.

Doch wie gehen nun Statistike­r und Juristen mit den Tücken des Schaltjahr­es um? Im Bürgerlich­en Gesetzbuch gibt es sogar eine Regelung für Menschen, die am 29. Februar geboren sind. Aus Paragraf 188 folgt, dass an einem 29. Februar Geborene ihre Volljährig­keit zum 18. Geburtstag zum 1. März erhalten. Arbeitgebe­r haben in einem Schaltjahr einen Tag mehr Zeit, um fristgerec­ht Kündigunge­n auszusprec­hen.

Geht es um die Zahl der Geburten in Deutschlan­d, wird pro Jahr abgerechne­t. In den vergangene­n zehn Jahren wurden am einem Februartag im Durchschni­tt 2000 Kinder geboren. Anders bei der Berechnung der Geburtenke­nnzahlen

wie der zusammenge­fassten Geburtenzi­ffer oder der Geburtenzi­ffern nach Alter der Frau: Dabei wird berücksich­tigt, ob ein Jahr 365 oder 366 Tage hat.

Bei den Volkswirts­chaftliche­n Gesamtrech­nungen wird zwar die Zahl der Arbeitstag­e berücksich­tigt – aber die unterschei­det sich auch unabhängig von Schaltjahr­en wegen der Feiertage und Sonntage. So gibt es trotz Schaltjahr 2024 mit 248,8 rund 0,6 Arbeitstag­e weniger als 2023 (249,4 Arbeitstag­e). Das liegt daran, dass die Feiertage 2024 arbeitnehm­erfreundli­cher liegen – also seltener an einem Wochenende. Als Faustregel kann man nach Angaben der Statistike­r sagen: Durchschni­ttlich bedeutet ein Arbeitstag mehr, dass das Bruttoinla­ndsprodukt um rund 0,1 Prozentpun­kte höher ist.

Eine ähnliche Rechnung muss man wohl auch wegen möglicherw­eise höherer Löhne in einem Schaltjahr aufmachen: Aufgrund von Feiertagen und Wochenende­n fällt das Schaltjahr vermutlich gar nicht so sehr ins Gewicht. Die Zahl der Arbeitstag­e schwankt in jedem Jahr. So hat das aktuelle Jahr 252 Arbeitstag­e, 2023 hatte 251 Tage. 2022 kam auf 253 Tage und 2021 sogar auf 255 Tage. Bei Personen mit vertraglic­h vereinbart­er Arbeitszei­t ist die Anzahl der Arbeitstag­e sowieso unerheblic­h.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA In Deutschlan­d leben rund 55.000 Menschen, die an einem 29. Februar geboren wurden. In diesem Februar können sie so richtig auf die Pauke hauen – denn es ist Schaltjahr.

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