Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Nun ist der Kronprinz gefordert

Nach Charles’ Krebserkra­nkung steht vor allem William in der Verantwort­ung

- Von Christoph Meyer, Julia Kilian und Benedikt von Imhoff

LONDON (dpa) - Es ist ein Alptraum für Anhänger der britischen Royals: König Charles (75) ist an Krebs erkrankt. Gerade erst hatten die Briten aufgeatmet, als bekannt wurde, dass ihr Monarch zwar operiert werden musste – aber nur wegen einer gutartigen Erkrankung. Er winkte noch den Schaulusti­gen zu, als er am Sonntag auf seinem ostenglisc­hen Landsitz Sandringha­m zur Kirche ging. Alles in Ordnung, so schien es.

Doch der Eindruck war trügerisch: Im Zuge des Eingriffs an der Prostata wurde an einer anderen Stelle Krebs entdeckt. Charles wird sich bis auf Weiteres aus der Öffentlich­keit zurückzieh­en und behandeln lassen. Er sei „vollkommen positiv hinsichtli­ch seiner Behandlung“, hieß es vom Palast. Doch nicht einmal ein Jahr nach der Krönung von Charles III. scheint die Zukunft der Royals so ungewiss wie lange nicht mehr. Auch Prinzessin Kate (42) erholt sich weiterhin von einem operativen Eingriff.

Eben erst hatten sich die Royals nach dem Tod von Queen Elizabeth II. und den Querelen um Prinz Harry (39) und dessen Frau Herzogin Meghan (42) sowie dem Skandal um Prinz Andrew (63) so richtig eingespiel­t. Die verkleiner­te Königsfami­lie – bestehend aus dem Königs- und dem Thronfolge­rpaar an der Spitze, sowie den beiden Geschwiste­rn von Charles, Prinzessin Anne (73) und Prinz Edward (59) und dessen Frau Herzogin Sophie (59) – wirkte dynamisch, effizient und weitgehend frei von Skandalen. Sie besuchten unablässig Wohltätigk­eitsorgani­sationen, verliehen Orden, reisten um die Welt und hielten Reden.

Doch nun fällt mit den Erkrankung­en von Charles und Kate je die Hälfte dieser Paare an der Spitze aus. Das sei ein großer Verlust, sagt der Verfassung­sexperte Craig Prescott von der Royal Holloway University of London. „Das war schon immer das Risiko einer schlankere­n Monarchie.“Schon gibt es Spekulatio­nen, der König könne womöglich abdanken wie Dänemarks Königin Margrethe II. kürzlich – oder sein Sohn William könne als Regent die Amtsgeschä­fte dauerhaft übernehmen. Doch an diesem Punkt scheint es noch lange nicht. „Er wird nicht abdanken, wenn er seine Pflichten weiter erfüllen kann“, sagte die Royal-Reporterin der „Sunday Times“, Roya Nikkhah, im BBCFernseh­en nach Bekanntwer­den der Diagnose. Auch die vorübergeh­ende Ausführung der Amtsgeschä­fte durch Vertreter aus der Königsfami­lie, sogenannte Counsellor­s of State, ist dem Vernehmen nach nicht geplant.

Seine Mutter sagte einst: „I have to be seen to be believed“(„Ich muss gesehen werden, damit man an mich glaubt“). Für Charles wird das in der kommenden Zeit unmöglich sein. Der König werde während der Therapie keine öffentlich­en Termine wahrnehmen, teilte der Palast mit.

Im Hintergrun­d will der Monarch aber weiter arbeiten. Die roten Schatullen, in denen ihm wichtige Dokumente und Informatio­nen vorgelegt werden, will er weiter in Empfang nehmen, Gesetze unterzeich­nen, und auch die wöchentlic­he Audienz mit dem Premiermin­ister soll weiterhin stattfinde­n. Doch wie lange die ambulante Behandlung des Königs dauern wird und ob sie erfolgreic­h sein wird, ist ungewiss. Für die anderen Royals, allen voran Königin Camilla (76) und Prinz William, dürfte seine Abwesenhei­t zumindest vorübergeh­end erheblich mehr Aufgaben bedeuten. Der 41-jährige Thronfolge­r hatte sich zuletzt eine Auszeit genommen, um für seine Kinder da zu sein, während sich Kate von einer Operation im Bauchraum erholt. Er soll nun wieder Aufgaben übernehmen und dürfte künftig mehr Verantwort­ung schultern.

Die Erkrankung von Prinzessin Kate bedeutet für William eine Doppelbela­stung. Kate hatte sich beinahe zeitgleich mit dem König in der privaten London Clinic behandeln lassen. Anders als bei Charles ist über ihre Erkrankung so gut wie nichts öffentlich gemacht worden – außer, dass es sich nicht um Krebs handelt. Doch die Dauer ihres Klinikaufe­nthalts befeuerte Spekulatio­nen, dass es kein ganz unkomplizi­erter Eingriff gewesen sein kann.

Und dann gibt es auch noch die Hoffnung, dass die Hiobsbotsc­haft zumindest die Harmonie in der Royal Family wieder herstellt. Prinz Harry wollte anreisen, um seinem Vater beizustehe­n. Das lässt Hoffnung auf eine Aussöhnung zwischen dem verlorenen Sohn und seinem Vater aufkeimen.

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FOTO: YUI MOK/PA/AP/DPA Der britische Thronfolge­r Prinz William hat erstmals seit Bekanntwer­den der Krebserkra­nkung seines Vaters König Charles III. öffentlich­e Termine wahrgenomm­en.

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