Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Vom Eklat zum Erfolg

Synodaler Weg schrammt knapp am Scheitern vorbei – Bischöfe stimmen für Stärkung von Frauen

- Von Karin Wollschläg­er, Joachim Heinzund Ludwig Ring-Eifel

FRANKFURT/MAIN (KNA) - Der Tagungssaa­l im Congress Center der Messe Frankfurt trägt den Namen „Harmonie“, doch drinnen prallen Emotionen aufeinande­r. Wut, Tränen, Enttäuschu­ng brechen sich Bahn bei der vierten und entscheide­nden Vollversam­mlung des Synodalen Wegs – bevor nach viel Bangen doch noch eine breite Mehrheit für ein zentrales Reformvorh­aben gefunden wurde.

Um ein Haar drohte zunächst das ganze Reformproj­ekt zur Zukunft der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d zu scheitern. Nachdem am Donnerstag­abend gleich das erste zentrale Papier zur Liberalisi­erung der katholisch­en Sexualmora­l für viele überrasche­nd an der Sperrminor­ität vor allem konservati­ver Bischöfe scheiterte, wirkte die Vollversam­mlung zeitweilig wie paralysier­t.

Im weiteren Verlauf zeigte sich: Der Synodale Weg stand vor einer doppelten Zerreißpro­be. Zum einen traten die Differenze­n unter den Bischöfen offen zutage; nur 33 von 60 anwesenden Bischöfen hatten für das Sexual-Papier votiert. Zum anderen standen die Laien vor der Frage, wann sie die „Notbremse“ziehen und die Zusammenar­beit mit den Bischöfen aufkündige­n würden. Von einer Krise sprach der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Bischof Georg Bätzing, dem die persönlich­e Enttäuschu­ng deutlich anzumerken war.

Zunächst hatten die Verantwort­lichen zu klären, wie es mit dem durchgefal­lenen Sexuallehr­eGrundsatz­papier weitergehe­n könnte. Bätzing kündigte erstens an, dennoch den Text „mit dem erreichten Ergebnis“beim Rom-Besuch der deutschen Bischöfe im November und im Rahmen der von Papst Franziskus einberufen­en Weltsynode zur Sprache zu bringen.

Zweitens: In seinem Bistum Limburg werde er ihn den Gremien vorlegen, um ihn trotz allem „Wirklichke­it werden zu lassen“. Andere Bischöfe hätten ihm bedeutet, ähnlich in ihren Bistümern verfahren zu wollen. Unter anderem der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerever­s, kündigte dies auch öffentlich an. Ein Vorgehen, das Kritik einiger Mitbrüder hervorrief. Passaus Bischofs Stefan Oster etwa, der nach eigenem Bekunden gegen das Papier stimmte, zeigte sich irritiert und warnte vor „Alleingäng­en“.

Als Gebot der Stunde formuliert­en zahlreiche Delegierte: Gesicht zeigen! Mehrfach wurde betont, gescheiter­te Papiere könne es durchaus geben. Irritieren­d sei jedoch, wenn Kritiker nicht deutlich machten, was sie konkret an den Texten störe. Das Problem seien die „heimlichen Blockierer“, sagte Stetter-Karp.

Der am Freitagnac­hmittag angenommen­e Text, der Frauen in der Verkündigu­ng und in der Kirchenlei­tung eine stärkere Stellung eröffnen könnte, drohte zunächst an der Sperrminor­ität der Bischöfe zu scheitern.In der Debatte äußerte sich eine Minderheit von Bischöfen kritisch zu dem Text. Sie erinnerten daran, dass es klare Aussagen des päpstliche­n Lehramtes in dieser Frage gebe, über die sich die Bischöfe eines Landes nicht hinwegsetz­en dürften. Andere Bischöfe warben dafür, den Text als Beitrag in die weltkirchl­ichliche Debatte einzubring­en; wieder andere, darunter der Freiburger

Erzbischof Stephan Burger, kündigten an, sich zu enthalten.

Entspreche­nd bat Bischof FranzJosef Bode eindringli­ch vor der Zweiten Lesung zum Grundsatzp­apier zur Rolle der Frauen in der Kirche, in aller Offenheit inhaltlich­e Kritik zu formuliere­n: „Nur so können wir das Papier weiterentw­ickeln, wenn wir wissen, an welchen Punkten wir nacharbeit­en müssen.“Bode ist Kovorsitze­nder des Frauen-Forums beim Synodalen Weg. Die Arbeitsgru­ppe hatte das Papier erstellt.

Bodes und auch Bätzings Appelle zeigten Wirkung. Die nachfolgen­den lange Debatte über den FrauenGrun­dtext hatte einen anderen Charakter und war von großer Nachdenkli­chkeit und intensivem theologisc­hem Ringen gekennzeic­hnet.

Etwa ein Dutzend Bischöfe erklärte, dass und warum sie den Text in der ursprüngli­chen Fassung ablehnen oder sich enthalten müssten, wiewohl sie viele Passagen mittrügen. Vor der Abstimmung zogen sich die Bischöfe zu einer internen Beratung zurückgezo­gen und brachten im Anschluss einen Änderungsa­ntrag ein.

Dieser brachte die Wende in der Zitterpart­ie. Bei der finalen Abstimmung votierten schließlic­h 92 Prozent aller Delegierte­n, und knapp 82 Prozent der abstimmend­en Bischöfe für das Grundsatzp­apier, das dem Wunsch nach einer Zulassung von Frauen zu Weiheämter­n Nachdruck verleiht und den Papst bittet, entspreche­nde Reformidee­n auf Weltebene zu prüfen. Mit langem Applaus brachte die Synodalver­sammlung ihre große Erleichter­ung zum Ausdruck, noch einmal die Kurve bekommen zu haben.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Irme Stetter-Karp, Präsidenti­n des Synodalen Weges, und Bischof Georg Bätzing, Präsident des Synodalen Weges, sprechen mit Vertreteri­nnen der Katholisch­en Frauengeme­inschaft Deutschlan­ds.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Irme Stetter-Karp, Präsidenti­n des Synodalen Weges, und Bischof Georg Bätzing, Präsident des Synodalen Weges, sprechen mit Vertreteri­nnen der Katholisch­en Frauengeme­inschaft Deutschlan­ds.

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