Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Was bei Inkasso-Schreiben zu tun ist
Ein Anwalt erklärt, was Betroffene selbst machen können
BODENSEEKREIS/TETTNANG Zwangsvollstreckung, Gerichtsvollzieher, Pfändung der Bezüge: Wenn im Briefkasten ein Schreiben mit solchen Androhungen landet, dann wird es einem erst mal ziemlich warm. Vor allem, wenn man sich nicht mehr dran erinnert, dass da mal eine Rechnung war. Inkassounternehmen treiben im Auftrag fällige Geldforderungen ein. Doch mitunter bedarf es eines genauen Blicks, ob Betrüger am Werk sind oder das Unternehmen seriös ist.
Diese Frage hat sich auch ein älteres Ehepaar aus dem östlichen Bodenseekreis gestellt, das namentlich nicht genannt werden möchte. Bei den beiden ging ein Brief der EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH ein. Die Forderung: 84,78 Euro, und zwar im Auftrag der Telekom Deutschland wegen einer angeblich nicht bezahlten Rechnung aus dem Jahr 2014.
Allerdings: Mit der Telekom hatten die beiden zu der Zeit gar nichts zu tun. Insofern gingen die beiden von einem Betrugsversuch aus. Das Unternehmen allerdings gibt es tatsächlich, der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2020/21 bei rund 792,5 Millionen Euro. Doch dem Ehepaar war klar, dass es die Ursprungsrechnung nicht geben konnte.
Die beiden beauftragten den Tettnanger Rechtsanwalt Hans Schöpf. Der wies die Forderung in einem Schreiben zurück. Immerhin sei diese verjährt, was nach drei Jahren der Fall ist. Das Inkassounternehmen antwortete: „Nach Prüfung der Unterlagen haben wir uns dazu entschlossen, ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, bei gegenseitigem Kostenverzicht, auf die Geltendmachung dieser Forderung gegen Ihre Mandantin zu verzichten.“
Heißt aber auch: So richtig aufgeklärt hat sich der Fall am Ende nicht.
Schöpf erläutert im Gespräch, dass es erst einmal keinen Grund gibt, in Panik zu geraten, wenn man ein solches Schreiben erhält: „Wirklich reagieren muss man eigentlich erst, wenn tatsächlich ein Schreiben vom Gericht kommt.“Allerdings sollte man schon prüfen, ob da nicht doch eine Rechnung sei, die man einfach vergessen hat. Denn sei man tatsächlich säumig und es komme zum gerichtlichen Mahnbescheid, dann zahle man am Ende die kompletten entstehenden Kosten. Komplett ignorieren: auch keine gute Lösung.
Erst mal könne man prüfen, ob es das Inkasso-Unternehmen überhaupt gebe, so Schöpf. Das könne die Recherche sein, ob es überhaupt eine Homepage gebe. Auch lohne sich ein Blick auf eine Webseite wie www.rechtsdienstleistungsregister. de – dort könne man auch schauen, ob ein Inkassounternehmen registriert sei. Schöpf berichtet von einem anderen Fall, in dem eine „Rigo Forderungs AG“aufgetaucht war. Das Dokument enthielt etliche Rechtschreibfehler, das Unternehmen war nicht registriert, und ein Brief an die Meldeadresse kam wieder zurück. Eine Internetsuche warf ebenfalls nur Warnungen aus. Das solle man dann ignorieren, rät Schöpf.
Was man machen könne, wenn man nicht sicher sei, so Schöpf: Anfragen, welche Forderung dem Verfahren zugrunde liege. Dabei sei es wichtig, dass man im Schreiben das Rechtsverhältnis nicht anerkenne, aber vorsorglich kündige. Zahlen indes solle man erst, wenn es klar sei, dass die Forderung rechtmäßig sei, denn mit der Zahlung erkenne man den Vertrag an – auch wenn es vorher keinen gegeben habe.
Auch wenn ein Inkassounternehmen nicht verpflichtet sei, dem
Wunsch nachzukommen, etwa eine Kopie der Originalrechnung zuzusenden, geschehe das in der Regel. Schließlich seien solche Verfahren sonst sehr langwierig und könnten teuer werden – seriösen Unternehmen sei in der Regel daran gelegen, die Situation zu lösen und abzuschließen.
Im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen sind nach eigener Aussage über 500 Unternehmen organisiert. Der Verband rät ebenfalls dazu, erst einmal die Echtheit einer Forderung zu überprüfen. Auf der eigenen Seite www.inkasso.de führt der Verband zahlreiche Absender auf, die vor allem falsche Gewinnspiel-Forderungen stellen. Hier ist der dringende Rat des Verbandes, nicht zu zahlen.
Für den Fall, dass die eigene Identität von Betrügern genutzt wird, die Waren bestellen und diese dann abfangen, rät der Verband zur Strafanzeige bei der Polizei gegen Unbekannt. Dies äußert auch der Tettnanger Anwalt Hans Schöpf unabhängig im Gespräch. Und verweist darauf, dass man mit diesen einfachen Schritten wie Ruhe bewahren, der Prüfung, ob es das Unternehmen gibt und der Anforderung der Rechnung schon sehr weit komme. Auch seien die Verbraucherzentralen gute Ansprechpartner, wenn es den Verdacht gebe, dass ein Betrug vorliegen könne.