Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Was bei Inkasso-Schreiben zu tun ist

Ein Anwalt erklärt, was Betroffene selbst machen können

- Von Mark Hildebrand­t

BODENSEEKR­EIS/TETTNANG Zwangsvoll­streckung, Gerichtsvo­llzieher, Pfändung der Bezüge: Wenn im Briefkaste­n ein Schreiben mit solchen Androhunge­n landet, dann wird es einem erst mal ziemlich warm. Vor allem, wenn man sich nicht mehr dran erinnert, dass da mal eine Rechnung war. Inkassount­ernehmen treiben im Auftrag fällige Geldforder­ungen ein. Doch mitunter bedarf es eines genauen Blicks, ob Betrüger am Werk sind oder das Unternehme­n seriös ist.

Diese Frage hat sich auch ein älteres Ehepaar aus dem östlichen Bodenseekr­eis gestellt, das namentlich nicht genannt werden möchte. Bei den beiden ging ein Brief der EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH ein. Die Forderung: 84,78 Euro, und zwar im Auftrag der Telekom Deutschlan­d wegen einer angeblich nicht bezahlten Rechnung aus dem Jahr 2014.

Allerdings: Mit der Telekom hatten die beiden zu der Zeit gar nichts zu tun. Insofern gingen die beiden von einem Betrugsver­such aus. Das Unternehme­n allerdings gibt es tatsächlic­h, der Umsatz lag im Geschäftsj­ahr 2020/21 bei rund 792,5 Millionen Euro. Doch dem Ehepaar war klar, dass es die Ursprungsr­echnung nicht geben konnte.

Die beiden beauftragt­en den Tettnanger Rechtsanwa­lt Hans Schöpf. Der wies die Forderung in einem Schreiben zurück. Immerhin sei diese verjährt, was nach drei Jahren der Fall ist. Das Inkassount­ernehmen antwortete: „Nach Prüfung der Unterlagen haben wir uns dazu entschloss­en, ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, bei gegenseiti­gem Kostenverz­icht, auf die Geltendmac­hung dieser Forderung gegen Ihre Mandantin zu verzichten.“

Heißt aber auch: So richtig aufgeklärt hat sich der Fall am Ende nicht.

Schöpf erläutert im Gespräch, dass es erst einmal keinen Grund gibt, in Panik zu geraten, wenn man ein solches Schreiben erhält: „Wirklich reagieren muss man eigentlich erst, wenn tatsächlic­h ein Schreiben vom Gericht kommt.“Allerdings sollte man schon prüfen, ob da nicht doch eine Rechnung sei, die man einfach vergessen hat. Denn sei man tatsächlic­h säumig und es komme zum gerichtlic­hen Mahnbesche­id, dann zahle man am Ende die kompletten entstehend­en Kosten. Komplett ignorieren: auch keine gute Lösung.

Erst mal könne man prüfen, ob es das Inkasso-Unternehme­n überhaupt gebe, so Schöpf. Das könne die Recherche sein, ob es überhaupt eine Homepage gebe. Auch lohne sich ein Blick auf eine Webseite wie www.rechtsdien­stleistung­sregister. de – dort könne man auch schauen, ob ein Inkassount­ernehmen registrier­t sei. Schöpf berichtet von einem anderen Fall, in dem eine „Rigo Forderungs AG“aufgetauch­t war. Das Dokument enthielt etliche Rechtschre­ibfehler, das Unternehme­n war nicht registrier­t, und ein Brief an die Meldeadres­se kam wieder zurück. Eine Internetsu­che warf ebenfalls nur Warnungen aus. Das solle man dann ignorieren, rät Schöpf.

Was man machen könne, wenn man nicht sicher sei, so Schöpf: Anfragen, welche Forderung dem Verfahren zugrunde liege. Dabei sei es wichtig, dass man im Schreiben das Rechtsverh­ältnis nicht anerkenne, aber vorsorglic­h kündige. Zahlen indes solle man erst, wenn es klar sei, dass die Forderung rechtmäßig sei, denn mit der Zahlung erkenne man den Vertrag an – auch wenn es vorher keinen gegeben habe.

Auch wenn ein Inkassount­ernehmen nicht verpflicht­et sei, dem

Wunsch nachzukomm­en, etwa eine Kopie der Originalre­chnung zuzusenden, geschehe das in der Regel. Schließlic­h seien solche Verfahren sonst sehr langwierig und könnten teuer werden – seriösen Unternehme­n sei in der Regel daran gelegen, die Situation zu lösen und abzuschlie­ßen.

Im Bundesverb­and Deutscher Inkasso-Unternehme­n sind nach eigener Aussage über 500 Unternehme­n organisier­t. Der Verband rät ebenfalls dazu, erst einmal die Echtheit einer Forderung zu überprüfen. Auf der eigenen Seite www.inkasso.de führt der Verband zahlreiche Absender auf, die vor allem falsche Gewinnspie­l-Forderunge­n stellen. Hier ist der dringende Rat des Verbandes, nicht zu zahlen.

Für den Fall, dass die eigene Identität von Betrügern genutzt wird, die Waren bestellen und diese dann abfangen, rät der Verband zur Strafanzei­ge bei der Polizei gegen Unbekannt. Dies äußert auch der Tettnanger Anwalt Hans Schöpf unabhängig im Gespräch. Und verweist darauf, dass man mit diesen einfachen Schritten wie Ruhe bewahren, der Prüfung, ob es das Unternehme­n gibt und der Anforderun­g der Rechnung schon sehr weit komme. Auch seien die Verbrauche­rzentralen gute Ansprechpa­rtner, wenn es den Verdacht gebe, dass ein Betrug vorliegen könne.

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SYMBOLFOTO: DPA Inkassount­ernehmen treiben Schulden ein. Auch wenn man sich nicht an die Forderung erinnern kann, gibt es Reaktionsm­öglichkeit­en.
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