Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gutachter prüft Gewerbe-Standorte in Oberteuringen
Regionalverbandsdirektor Franke sieht Unterdeckung im Bodenseekreis – Hirschlatt weiter Option
FRIEDRICHSHAFEN - Mit der Fortschreibung des Regionalplans werden auch für den Bodenseekreis wichtige Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt. Wo kann künftig Wohnbebauung stattfinden? Wo soll ein so genannter Grünzug Flächen schützen? Im Bodenseekreis ist das Hauptproblem, dass geeignete Standorte für Gewerbegebiete fehlen. Laut Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke vor allem im wirtschaftlichen Zentrum Friedrichshafen, wo im Gemeinderat eine Potenzialfläche südlich von Hirschlatt abgelehnt wurde (die SZ berichtete).
3500 Eingaben zu den Themen Wohnungsbau, regionale Grünzüge, Gewerbeschwerpunkte und Trassen sind laut Franke beim Regionalverband eingegangen zum ersten Entwurf des neuen Regionalplans, der Ende 2019 offen gelegt wurde. Ziel sei es jetzt am 1. Juli im im Planungsausschuss
und in der Verbandsversammlung vom 10. Juli „die komplette Abwägung zu machen“, sagt Franke. Für jeden strittigen Punkt macht der Regionalverband einen Vorschlag, der von der Versammlung erneut beschlossen werden muss. Somit entsteht ein neuer Entwurf für die Fortschreibung des Regionalplans, der anschließend wieder offen gelegt werden muss. Dann können erneut Eingaben gemacht werden.
Was heißt das für potenzielle Gewerbegebiete im Bodenseekreis? „Wir haben dort weiter eine gewaltige Unterdeckung“, sagt Franke. Gemäß den Prognosen müssten im Regionalplan zwischen 225 und 700 Hektar ausgewiesen werden. Geplant hatte man laut Franke sparsam, mit 160 Hektar. In Friedrichshafen und Uhldingen-Mühlhofen wurden Potenzialflächen seitens der Gemeinderäte abgelehnt. Auch deshalb prüfe man gerade Alternativstandorte. In diesem Zusammenhang sei auch ein Auftrag an das Büro Trautner vergeben worden, einen ausgewiesenen Artenschutzexperten, wie Franke sagt. Er werde den einen oder anderen kritischen Standort in Hinblick auf den Artenschutz einschätzen.
Vor allem geht es dabei um Flächen in Oberteuringen, die die Gemeinde im Zuge der Anhörung vorgeschlagen hatte, etwa an der B33 bei Neuhaus an den Lidl-Discounter anschließend (die SZ berichtete). Auch Owingen hat westlich der Landstraße 195 einen Standort ins Spiel gebracht. So einfach könnten die aber zum Beispiel Hirschlatt nicht ersetzen. Die Frage sei nicht nur, ob man weitere Fläche dazu bekomme. Es gehe auch um den Standort, darum, dass konkret Friedrichshafen als Oberzentrum Gewerbeflächen brauche. „Ich kann nicht an einem nicht zentralen Ort ein riesiges Gewerbegebiet anlegen, das passt nicht zusammen“, sagt Franke weiter.
„Wir werden die Gemeinde auf jeden Fall nochmal hören, ob wir sie im Plan drin lassen oder nicht“, sagt Franke zu der etwa 30 Hektar großen Fläche südlich von Hirschlatt. Das Gremium könne so oder so nochmal entscheiden. Entweder werde im neuen Entwurf das Gewerbegebiet ausgewiesen oder es werde mit einem Grünzug belegt. Dann könnte hier keine bauliche Entwicklung stattfinden. „Wir werden die riesige Unterdeckung im Bodenseekreis nochmal herausarbeiten“, so Franke.
Sollten am Ende nur noch ganz wenige Standorte übrigbleiben, „muss man sich bewusst sein, dass die Grenze der gewerblich-industriellen Entwicklung im Bodenseekreis erreicht ist“, sagt der Regionalverbandsdirektor. Es gehe um eine gesamtgesellschaftliche Frage. „Wir schaffen die Grundlagen für die nächste 20 Jahre.“Für den Verbandsdirektor entsteht in dem Prozess letztlich der Zielkonflikt zwischen dem Bedarf an Flächen auf der einen und dem schonenden Umgang mit der Natur auf der anderen Seite. „Wobei das Flächensparziel nicht gesetzlich verankert ist“, sagt Franke weiter. Man rede nur darüber und mache tolle Hochglanzbroschüren. Es gebe keine Vorgaben, wie viel Fläche man versiegeln dürfe. Es gebe aber klare Vorgaben im Landesplanungsgesetz, dass die Versorgung mit Flächen sichergestellt werden muss, „für Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur, das ist der Auftrag“. Das richtige Maß zu finden, sei die Kunst.
Für Franke spielt auch die wirtschaftliche Entwicklung im Zuge der Coronakrise eine Rolle bei der Ausweisung von Gewerbegebieten. „Man sollte sich nicht zu sicher sein, dass nach der Krise noch alles da ist“, sagt er, was Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und Firmen betreffe. Für den anstehenden Strukturwandel brauche man auf jeden Fall neue Flächen.
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