Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kressbronns Kunst lebt im Untergrund weiter
Von ausgefallenen und zu erwartenden Ausstellungen: Lände bleibt vorerst zu
KRESSBRONN - Museen und Galerien dürfen wieder öffnen, doch können das auch die kleinen? Die Galerie in der Kressbronner Lände wird jedenfalls noch nicht so schnell hochfahren. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erläutert Peter Keller, zuständig für das Ausstellungsprogramm, die Hintergründe.
Verheißungsvoll hat das Ländejahr 2020 begonnen. Die Ausstellung „Bergwelten“mit grandiosen Bildern des Vorarlberger Bergfotografen Peter Mathis lockte in fünf Wochen 1200 Besucher an, eine Traumzahl für die Kressbronner Galerie. Am 8. März wurde die Ausstellung der 35. Grafikbörse Leipzig eröffnet und war gerade mal eine Woche zu sehen, dann kam der Shutdown. Wie Peter Keller erzählt, sind die Grafiken längst wieder in Leipzig, denn ursprünglich sollte sich eine Ausstellung mit farbenfrohen Werken von Shmuel Shapiro anschließen. Sie musste abgesagt werden, doch es ist gelungen, sie zu verschieben.
So steht die Lände jetzt leer, denn Juli und August waren von vornherein vom Ausstellungsbetrieb freigehalten worden, da hier der lang erwartete Einbau eines Aufzugs erfolgt und man während der Baumaßnahmen keine Kunstwerke der Staubentwicklung
aussetzen will. Bleibt zu hoffen, dass im September der 6. Kressbronner Kunst-Campus unter der Leitung der Künstlerin Barbara Ehrmann stattfinden kann, die Publikum zugleich unter dem Titel „schwerelos“eine Ausstellung mit Zeichnungen und Collagen in Wachs zeigen wird.
Zu bedenken ist, dass gerade die kleinen Museen und Galerien überwiegend von ehrenamtlichen Aufsichtspersonen betreut werden, die allein vom Alter her zur besonders gefährdeten Gruppe zählen. Sie gilt es ebenso mit allen Mitteln zu schützen wie die meist älteren Besucher. Darüber besteht auch ein reger Meinungsaustausch mit den Verantwortlichen fürs Museum Langenargen wie mit dem Kreiskulturamt, das mit seiner Galerie im Roten Haus in Meersburg die gleichen Probleme zu lösen hat.
Doch für Peter Keller und die übrigen Mitglieder der Kulturgemeinschaft ist jetzt keineswegs Däumchendrehen angesagt: „Ich bin jeden zweiten Tag im Depot beim Sondieren und Sortieren.“Denn groß ist der Nachlass, den die Lände zu verwalten hat. Werke von Hilde Broër, Leo Schobinger, den Fotokünstlerinnen Martha Hoepffner und Irm Schoffers sowie weiterer 80 Künstler seien bereits sortiert und von Roland Fakler digitalisiert, bloß um die ungeheure Fülle von Werken von Otto Valentien hätten sie bisher einen respektvollen Bogen gemacht, gibt Keller zu.
Jetzt also Otto Valentien, dessen etwa 1500 Werke er zu ordnen sucht – 15 Gruppierungen seien es geworden von den frühen Arbeiten über den Bruch mit der Gegenständlichkeit bis zur Abstraktion. Eine wahre Fundgrube sei es für Studenten, diesen Weg zu verfolgen. Roland Fakler werde dann auch dieses Werk digitalisieren, allerdings würden sie sich dabei auf die „1A-Werke“beschränken, die für spätere Ausstellungen infrage kämen.
Peter Keller ist glücklich, wie autark sie sich in Kressbronn um die Kunst kümmern dürfen. Und er ist des Lobes voll über die ganze Mannschaft, die hier dahintersteht. Voll integriert ins Ausstellungsgeschehen seien Gudrun Teumer-Schwaderer und ihr Mann Karl Schwaderer ebenso wie das Ehepaar Kees und Karin Tillema. Eine wertvolle Hilfe sei Roland Fakler, auch wenn es um bauliche Dinge geht, nicht zu vergessen ist das erprobte Team, das beim Hängen sofort zur Stelle ist.
Einen Ausblick aufs nächste Jahr gewährt Peter Keller noch, denn da sollen 40 Jahre Lände gefeiert werden. Angedacht ist eine Ausstellung mit Menschenbildern aus der Galerie und der Sammlung des Brandenburgischen Landesmuseums für moderne Kunst, kuratiert von dessen Direktorin Ulrike Kremeier. Die Kunst in Kressbronn lebt im Untergrund weiter.