Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Heutzutage möchte ich kein Zwölfjähriger sein“
Seiler & Speer haben ein neues Album am Start und glauben daran, mit dem Alter reifer zu werden
Mit „Ham kummst“hat das Austropop-Duo Seiler & Speer einen Partyhit vorgelegt, der wahrscheinlich noch jahrzehntelang bei Volksfesten, an der Fasnet und beim Après-Ski gespielt wird. Titel mit Ohrwurmpotenzial sind auch auf dem nun erschienenen Album „Für immer“enthalten. Es ist das erste Album seit Bernhard Speers schwerem Verkehrsunfall im Herbst 2017. Christiane Wohlhaupter hat mit Sänger Christopher Seiler über Musikerkollege Wolfgang Ambros, Selbstkritik und Versicherungen gesprochen.
Christopher, hat euer „Herr Inspektor“ähnliches Kultpotenzial wie Falcos Kommissar?
Das weiß ich nicht. Falcos Kommissar ist so eine große Nummer – an die haben wir beim Schreiben nicht einmal ansatzweise gedacht. Unser Inspektor ist eher humoristisch. Im Video treten uns da lauter überzeichnete Stereotypen gegenüber.
Wenn wir bei überzeichneten Stereotypen sind. Ist der anzeigewütige Protagonist von „I zeig eich au“auch so einer?
Ja, wenn wir es parodieren, dann überzeichnen wir es oft stark. In „I zeig eich au“ist das der klassische Spießbürger. Von der Ortschaft, in der ich aufgewachsen bin, kenne ich so etwas natürlich auch. Das Problem gibt es schon immer – und durch die sozialen Netzwerke verstärkt sich das.
Wie kommt man denn heraus aus dem Trott mit den täglich gleichen Problemen, den ihr in „Déjà-vu“beschreibt?
Da bin ich kein guter Ratgeber dafür – ich bin ein Freund von Alltag, ein Freund von Wiederholungen. In „Déjà-Vu“geht es in erster Linie um einen schweren Alkoholiker, der jeden Tag dasselbe macht, dann stirbt und nichts hinterlässt.
In „Oid Wean“geht es darum, wie schnell die Zeit doch vergeht. Ist das ein reumütiger Blick zurück?
Nein, das ist einfach nur Tatsache. Ich sehne mich nicht danach, nochmal zwölf Jahre alt zu sein. In der heutigen Zeit möchte ich kein Zwölfjähriger sein. Da habe ich es damals besser gehabt, glaube ich.
Inwiefern? Ist heute zu viel Internet?
Ganz genau. Das ist soziologisch gesehen, eine ganz andere Welt, in der die Jungen aufwachsen, mit ganz anderen Problemen, die komischerweise immer mehr werden. Ich bin schon froh, dass das bei mir überhaupt nicht der Fall war.
Es ist also alles okay.
Ja.
Zu dem Titel „Ois ok“ist auch schon ein Video draußen, das von seinen Bildern zu Familienidylle und Freundschaften her auch gut als Waschmittelwerbung funktionieren könnte. Was hat es damit auf sich?
Das Video ist mit der Wiener Städtischen Versicherung entstanden, die mit uns ihr Konzept vertonen wollte.
Und das ist etwas, mit dem ihr einig werden konntet?
Eine Versicherung? Ja, klar. Ich würde keine Werbung für etwas machen, hinter dem ich nicht zu hundert Prozent stehe. Aber hinter der Wiener Städtischen Versicherung habe ich jetzt nichts Schlechtes gefunden.
Mit Wolfgang Ambros habt ihr den Song „Servus du“eingespielt. Wie kam es dazu?
Wir kennen ihn schon lange, da sein Sohn Schlagzeug bei uns spielt. Nachdem mein Großvater gestorben war, habe ich die Nummer „Servus du“geschrieben. Ich habe sie Wolfgang gezeigt und sie hat ihm gefallen und er hat gesagt, da würde er gerne mitsingen.
Bei „Maunchmoi Reprise“, dem letzten Stück auf dem Album, heißt es: „Manchmal versteckt man sich im Leben / kaschiert jedes Problem / solange die Leute noch klatschen / tut die Wahrheit nicht mehr weh“. Wie selbstkritisch ist das zu verstehen? Das ist schon sehr selbstkritisch, weil wir nicht immer nur leichte Phasen gehabt haben.
Hat sich denn seit Oktober 2017 etwas verändert?
Es hat sich sehr viel verändert. Einerseits was die Karriere betrifft, andererseits was uns betrifft. Wir sind älter geworden und reifer.