Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Aufsteiger
Besser könnte es für den Grünen-Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir kaum laufen. Nun, da sich wenige Tage vor der Landtagswahl in Hessen für seine Partei ein Rekordergebnis abzeichnet, bremst der Wirtschaftsminister die Euphorie: „Stimmungen sind noch lange keine Stimmen“, mahnt der 47-Jährige. An Spekulationen, was das Ergebnis für ihn bedeuten könnte, beteiligt er sich nicht. „Die Leute wollen keine Spekulationen über Koalitionen, sondern dass endlich mal wieder jemand über die Sache redet“, sagte Al-Wazir der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Nach der Wahl vor fünf Jahren führte er seine Partei in eine Koalition mit der CDU. Im Kabinett von Ministerpräsident Volker Bouffier ist er Wirtschaftsund Verkehrsminister. Laut Umfragen ist er der beliebteste Politiker im Land. In der Vergangenheit wurde bereits häufiger spekuliert, ob er in die Bundespolitik wechselt. Al-Wazir verzichtete. Er habe das Gefühl, „in Hessen gebraucht zu werden“.
Der Kurs, den er mit seinem Landesverband seit einigen Jahren fährt, darf aber durchaus auch als Vorbild für die ganze Partei gelten. Seit Langem betont er die Eigenständigkeit der Grünen, mit Koalitionsaussagen hält er sich zurück. Er prägte dafür den Begriff der „Ausschließeritis“.
Der gebürtige Offenbacher ist Sohn einer deutschen Mutter und eines jemenitischen Vaters. Mit 14 zog er für zwei Jahre zu seinem Vater in den Jemen. Diese Zeit prägt ihn bis heute. „Ich kannte dort niemanden wirklich und habe am Anfang auch niemanden verstanden – diese Erfahrung hilft dabei, andere zu verstehen, die das Gleiche erleben“, sagt Al-Wazir.
In die Politik zog es ihn früh. Kurz nach seinem Abitur wurde Al-Wazir Vorsitzender der Grünen Jugend Hessen. Mit 24, noch während seines Politikstudiums, wurde er das erste Mal in den Landtag gewählt. Seitdem hat der Aufsteiger dort ununterbrochen seinen Platz. Als scharfzüngiger Redner profilierte er sich, musste aber auch so manchen als fremdenfeindlich eingestuften Kommentar über sich ergehen lassen. Auch deshalb war es überraschend, dass er die Grünen in ein Bündnis mit der CDU führte. (AFP)