Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vom Wert der Arbeit
Viele Arbeitnehmer leiden an mangelnder Anerkennung ihrer Arbeit. Ihnen fehlt das Lebenskünstler-Gen, das sich am besten mit dem gesunden Satz „Es ist mir egal, wer unter mir Chef ist“beschreiben lässt. Dieser Menschenschlag betrachtet sein Gehalt wahlweise als Schmerzensgeld für erlittene Unbill oder als Anerkennung für erbrachte Leistung. Sensiblen Naturen ist solche Leichtlebigkeit fremd, sie brauchen Anerkennung durch lobende Worte, nicht durch Zahlen.
Wir Journalisten sind da nicht anders als andere Arbeitnehmer. Allerdings müssen wir damit leben, dass jeder glaubt, unsere Arbeitsleistung einschätzen zu können: Sprache kommt schließlich jedem bekannt vor, da glaubt jeder, mitreden zu können. Wenn man anfängt als „Schreiberling“, lernt man schnell, dass Kritik Gegenrede provoziert: Für Betroffene ist man dann ganz schnell ein „Schmierfink“.
Nie hätte man sich träumen lassen, dass man sich mal nach diesem netten Vögelchen zurücksehnen würde. Das heutzutage in gewissen Kreisen wieder populäre „Lügenpresse“ist so viel böser. Immer noch warten wir darauf, dass man uns erklärt, welches generelle Interesse wir am kollektiven Lügen haben sollten, welch gemeinsames Ziel uns einen sollte, es sei denn, der Erhalt der Demokratie. In solchen Zeiten nimmt man jeden Anflug von Anerkennung dankbar auf. Unser Kollege verfolgte kürzlich interessiert, wie eine Marktfrau seinen Fisch justament in eine Zeitungsseite mit seiner wöchentlichen Restaurantkolumne packte. Die Zeitung ist halt doch ein unverzichtbares Stück Papier. (hü)