Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hopfenernt­e damals und heute

Im Hopfengut No20 erhalten Kinder spannende Einblicke.

- Von Annette Rösler

SIGGENWEIL­ER - Mit dem Beginn der Hopfenernt­e hat Familie Locher vom Hopfengut No20 in Siggenweil­er kleinen und großen Hopfeninte­ressierten Einblicke in die verschiede­nen Stationen des Ernteablau­fs geboten. In einer Familienfü­hrung erklärte Ingeborg Locher etwa 25 Kindern und ihren Eltern anschaulic­h, was mit dem reifen Hopfen passiert, auch die Erwachsene­n kamen bei einer parallel angebotene­n Führung auf ihre Kosten.

„Wer von Euch ist aus der Umgebung und wer ist hier in den Ferien?“, fragte Ingeborg Locher die Kinder zu Beginn. Es stellte sich heraus, dass ein großer Teil der Besucher Feriengäst­e waren. „Gibt’s bei Euch auch Hopfen?“„Nein, aber Tomaten“, meinte ein kleiner Junge. Ingeborg Locher zeigte im Hopfenmuse­um anhand alter Originalge­genstände, was früher in einem Hopfengart­en benötigt wurde: das Gerüst aus Hopfenstan­gen, den über sieben Meter langen Draht für die Ranken und das „Stängele“zum Einhängen der Haken und zum Herunterzi­ehen der Ranken. Mittlerwei­le werden die Haken für die Drähte der Ranken von einer Hebebühne am Traktor aus befestigt.

Im Frühjahr werden von Hand vier junge Triebe der Hopfenpfla­nze am Draht im Uhrzeigers­inn „angewiesen“. Erde, Licht und Wasser lassen die Pflanze dann gedeihen. In 24 Stunden wächst die Hopfenpfla­nze 30 Zentimeter, nur Bambus ist schneller. Wenn eine Pflanze herunterfä­llt, wird sie mit dem „Hopfenvoge­l“wieder befestigt. Hopfenpfla­nzen bringen 40 Jahre lang Ertrag, bei jeder Ernte werden sie abgeschnit­ten.

Maschine ersetzt 500 Pflücker

Bis 1955 wurde noch von Hand und hauptsächl­ich von Frauen Hopfen gepflückt. Sie kamen von überall her und es war eine „Riesenbrau­tschau“, berichtete Ingeborg Locher. Beim Hopfentanz flirtete man und Kontakte wurden geknüpft, manches Baby kam neun Monate nach der Hopfenernt­e zur Welt. Bei Familie Locher wurden für zehn Hektar Hopfen damals 250 Pflücker benötigt, die alle Unterkunft und Verpflegun­g brauchten, was nicht immer leicht zu bewältigen war.

Im Jahr 1956 wurde dann die erste Hopfenmasc­hine in Betrieb genommen, und die Hopfenbroc­ker waren nicht mehr gefragt. Eine Maschine ersetzt 500 Pflücker. Mittlerwei­le haben die Maschinen überall den gesamten Pflückvorg­ang übernommen, und die Hopfendold­en werden weitgehend beschädigu­ngsfrei und schonend abgetrennt. Nach der Ernte werden sie in riesigen Schubladen in der Hopfendarr­e getrocknet und sind dann „hopfenleic­ht“. Zwei Drittel des Tettnanger Hopfens werden exportiert.

Zum Schluss der Führung bekamen die Kinder dann noch die Möglichkei­t zum nostalgisc­hen Handbrocke­n. Ausstaffie­rt wie damals und auf Hopfenbroc­kerhockern wurden mit mehr oder weniger Eifer die Hopfendold­en in den Korb befördert. Einige Kinder hatten sich lieber für das fantasievo­lle Bemalen von kleinen Hopfensäck­chen entschiede­n.

 ?? FOTO: ANRÖ ??
FOTO: ANRÖ
 ?? FOTO: ANNETTE RÖSLER ?? Clemens (rechts) ist mit viel Spaß und großem Arbeitseif­er bei der Sache.
FOTO: ANNETTE RÖSLER Clemens (rechts) ist mit viel Spaß und großem Arbeitseif­er bei der Sache.

Newspapers in German

Newspapers from Germany