Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Junger Straftäter bekommt letzte Chance
22-Jähriger steht wegen mehrfachen Diebstahls und Einbrüchen vor Gericht
TETTNANG (aj) - Diebstahl, Schwarzfahren und Besitz eines Butterfly-Messers: Die Liste der Vorwürfe gegen einen 22-Jährigen, der am Montag auf der Anklagebank im Tettnanger Amtsgericht gesessen hat, war lang. Richter Martin Hussels-Eichhorn gab ihm eine letzte Chance und ließ noch das Jugendstrafrecht walten. Der Angeklagte bekam sechs Monate „Vorbewährungszeit“und muss in dieser Zeit Sozialstunden leisten und an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen.
Die sogenannte Vorbewährungszeit ist nur im Jugendstrafrecht möglich. An diese Vorbewährung schließt sich die reguläre Bewährungszeit an, in diesem Fall neun Monate, in denen der 22-Jährige nicht straffällig werden darf.
Zweifacher Diebstahl und versuchter Diebstahl mit Besitz von Marihuana im Beach Club in Friedrichshafen, versuchter Diebstahl mit Sachbeschädigung im Württembergischen Yachtclub, Besitz eines verbotenen Butterfly-Messers und versuchter Wohnungseinbruch: Das waren die Straftaten, für die sich der Angeklagte am Montag verantworten musste. Schon in vorangegangenen Gerichtsprozessen war der 22Jährige für Diebstähle und Schwarzfahren verurteilt worden. So beispielsweise wegen eines gemeinsamen Einbruchs im Beach Club mit zwei Komplizen.
Jetzt warf ihm die Staatsanwaltschaft einen weiteren Einbruch im Beach Club im Jahr 2015 vor. Die Spurensicherung hatte danach seine Fingerabdrücke auf Trinkgeldgläsern nachgewiesen, trug Staatsanwältin Juliane Prasse vor.
Zudem soll der junge Erwachsene im Jahr 2016 ein weiteres Mal in den Beach Club eingebrochen sein. Dabei sei er aber vom Besitzer der Bar erwischt worden und unmittelbar in den See geflüchtet. Ein Zeuge, der den Vorfall beobachtet hatte, sagte jetzt vor Gericht aus: „Der See wird oft unterschätzt. Die Strömungen können gefährlich werden. Mein Kumpel und ich mussten aufpassen, dass der Mann nicht zu weit hinausschwimmt.“ Letzten Endes sprang dem Täter noch ein Polizist hinterher und nahm ihn noch im See fest.
Ein weiterer Anklagepunk lautete auf versuchten Diebstahl in einer Bäckerei in Überlingen. Nach einer langen Partynacht soll der Täter versucht haben, in das Haus einzubrechen. Noch bevor er aber in das Gebäude eindringen konnte, nahm ihn die Polizei fest.
Auch in den Württembergischen Yachtclub in Friedrichshafen sei er eingebrochen, führte die Staatsanwältin weiter an. Dort sei er nachts über ein offenes Fenster in die Küche der Gaststätte des Yachtclubs eingestiegen, habe das danebenliegende Bürozimmer aufgebrochen, aber nichts gefunden, das er hätte stehlen können.
Einige seiner Taten gab der 22Jährige vor Gericht auch zu. Als Grund für die Taten gab er seine schwierigen Familienverhältnisse an. Seine Eltern seien beide arbeitslos und spielsüchtig, der Vater sei zudem Alkoholiker.
Evelyn Otten von der Jugendgerichtshilfe verwies zwar ebenfalls auf die schwierigen Lebensumstände, sprach beim Prozess aber dennoch Klartext mit dem jungen Erwachsenen: „Sie müssen aus der Opferrolle herauskommen und bei sich selber anfangen. Es liegt an Ihnen, ob sich an Ihrer Situation etwas ändert oder nicht“, appellierte sie.
Staatsanwältin Juliane Prasse plädierte am Ende auf eine Jugendstrafe von neun Monaten, da der Täter mangelnde Reife zeige und einige seiner Taten schon ein bis zwei Jahre zurückliegen würden. Verteidiger Rüdiger Emrich hingegen hielt Jugendarrest und einen sozialen Trainingskurs für angemessen.
Richter Martin Hussels-Eichhorn wählte in seinem Urteil einen Mittelweg. Der 22-Jährige bekommt noch eine letzte Chance und nach dem Jugendstrafrecht eine Vorbewährung von sechs Monaten.Er muss außerdem 40 Stunden Sozialarbeit leisten. Sollte er in diesen sechs Monaten wieder straffällig werden, muss er neun Monate in den Jugendknast.