Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Turbulente Saison endet erfolgreich
SSV Ulm 1846 feiert Sieg im Verbandspokal – Trainer Flitsch hat Team auf Kurs gebracht
STUTTGART - Für besondere Gefühlsausbrüche ist der noch amtierende Spatzen-Trainer Tobias Flitsch nicht unbedingt bekannt. Im persönlichen Gespräch oder auf Pressekonferenzen ist er ruhig, antwortet überlegt und gibt nur ungern Dinge preis, die neben dem Fußballfeld passieren. Die emotionalen Ausbrüche während der Spiele überlässt er dem scheidenden Sportlichen Leiter Lutz Siebrecht.
So war es auch am Montag beim Sieg der Ulmer im Finale des württembergischen Verbandspokals gegen den TSV Ilshofen im Stuttgarter Gazi-Stadion. Strittige Entscheidungen diskutierte Siebrecht mit dem vierten Offiziellen, Flitsch ließ seine Augen lieber in Richtung Spielfeld gerichtet. Eine Anweisung hier, ein kleiner Fluch da – mehr gab es nicht. Bis zum Schlusspfiff. Mit 3:0 gewannen seine Ulmer gegen den Verbandsligisten. Dann ließ es auch Flitsch krachen. Von oben bis unten voll mit Getränken und Schweiß stand er auf dem Feld und wirkte vollends zufrieden. Er feierte so sehr, dass er sich sogar eine kleine Muskelverletzung zuzog. Die eine oder andere Träne hatte der 38-Jährige auch im Gesicht. „Ich bin überglücklich.“Für ihn war es das letzte Spiel als Trainer der Spatzen. Er heuert bei den Stuttgarter Kickers an, die in die Oberliga abgestiegen sind.
Laute Kritik vor der Winterpause
Es war der große Schlusspunkt einer turbulenten Ulmer Saison, die rabenschwarz begann. Die ersten drei Partien der Regionalliga Südwest gingen verloren. Der damalige Cheftrainer Stephan Baierl verließ den Verein und Flitsch, damals noch CoTrainer, musste die Kohlen aus dem Feuer holen. Zu beneiden war er darum nicht. Die Mannschaft schien verunsichert und es dauerte bis zum zehnten Spieltag, ehe die Ulmer den ersten Sieg holten. Danach wurden acht Spiel in Folge nicht verloren, doch Verletzungen wichtiger Spieler warfen das Team immer wieder aus der Bahn. Negativhöhepunkt war die katastrophale 1:2-Niederlage gegen den späteren Absteiger Schott Mainz vor der Winterpause. Flitsch, der sich bis dahin immer schützend vor seine Spieler gestellt hatte, kritisierte sie erstmals öffentlich und bemängelte, dass einige von ihnen nicht wüssten, dass sie im Abstiegskampf steckten.
In der wegen des Schneefalls ungewollt langen Winterpause hat der Trainer es anscheinend geschafft, diese Erkenntnis in die Spieler zu bekommen. Und das zahlte sich aus: „Es war ein toller Erfolg, fünf Spieltage vor Ende die Klasse zu halten“, sagte er nach dem Finale. Flitsch und Siebrecht haben es geschafft, eine schlagfertige Truppe zusammenzustellen und Spieler wie Ardian Morina oder Marcel Schmidts zu Erfolgsgaranten zu formen.
Und nun der Erfolg in Stuttgart. Es war der erste Ulmer Pokalsieg seit 1997 und der insgesamt achte. Ulm ist damit in Württemberg alleiniger Rekordpokalsieger. Die vielen mitgereisten Anhänger feierten das ausgiebig. Johannes Reichert nahm ein Bad in der Menge, Steffen Kienle wurde beim Fernsehinterview von seinen Mitspielern mit Wasser übergossen und Vorstandsmitglied Anton Gugelfuß beobachtete alles beseelt von der Seitenlinie aus. Noch lange nach dem Abpfiff hallten Musik und die Gesänge aus Richtung der Ulmer Umkleidekabine. Ein Ende der Feierei ist ohnehin nicht in Sicht. Auf Mallorca soll die Party weitergehen. „Das wird gefährlich“, kündigte Luigi Campagna an.
Zu gefährlich sollte es aber nicht zugehen. Schon Mitte Juni steigen die Ulmer wieder in die Saisonvorbereitung ein. Der Mann an der Seitenlinie wird dann Holger Bachthaler sein. Dank des Erfolgs seines Vorgängers hat er ein Privileg inne. Der Sieg im Pokal bringt dem SSV Ulm 1846 Fußball mindestens 115 000 Euro an Preisgeld ein und die Teilnahme an der ersten Runde des DFB-Pokals. Auf wen die Ulmer in dieser treffen werden, wird am Freitag, 8. Juni, ausgelost. Sicher ist, dass die Spatzen ein Heimspiel gegen einen Erst- oder Zweitligisten bekommen. Für den SSV wird es der erste PokalAuftritt seit dem 28. November 2001 sein. Damals gab es für den gerade in der Verbandsliga strafversetzten SSV in der zweiten Runde eine 0:3Niederlage gegen Union Berlin.