Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Was bleibt von unserer Zeit?
Es gibt Ereignisse, die schreien nach Erinnerung. Jeder kennt die berühmte Frage: „Wo warst du, als Kennedy starb?“Oder in moderner Zeit: „Wo warst Du bei Nine Eleven?“Das weiß einfach jeder, und es waren ja auch wahrlich bedeutsame Ereignisse. Heute kommt, gemessen am öffentlichen Echo, manchmal der Eindruck auf, dass in 20 Jahren gefragt werden könnte: „Wo warst du, als Steve Jobs das iPhone 4 vorstellte?“
So hat jede Generation ihren Erinnerungsmoment. Zumindest einen medialen, die Technik macht es möglich. Kaum vorstellbar, dass im Mittelalter nach dem Jahr 800 die Frage aufkam: „Wo warst Du, als Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt wurde?“Heute ist das anders.
Brandaktuell drängt sich die Frage auf: „Mmm mmm... als Prinz Harry seine Meghan ehelichte?“Diesem epochalen Ereignis kann man sich nicht mehr entziehen. Shocking! Berliner Hipster färben ihre Bärte rot, Frauen mit Stil ihre Haut leicht schokoladig. Am Samstag war es so weit: Das Traumpaar der Woche gab sich das Ja-Wort. Wir waren ergriffen und merkten uns, wo wir gerade sind. Oder?
Immer klappt das nämlich nicht mit der Unsterblichkeit. Auch wenn dieser Mann sich redlich Mühe gab, noch Eindruck zu hinterlassen, niemand wird einmal fragen: „Wo warst du, als Sandro Wagner seinen Rücktritt von der Nationalmannschaft erklärte?“(aep/hil)