Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Protest gegen die Steuerfluc­ht

Am Samstag setzen Attac und Buchhändle­r in Tettnang ein Zeichen gegen Amazon.

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Einen Aktionstag gegen Steuertric­ks veranstalt­et das Netzwerk Attac am Samstag, 26. Mai, europaweit – in Tettnang sind diesmal die Stadtbuchh­andlung in der Montfortst­raße und Ravensbuch in der Karlstraße mit an Bord. Die Kritik richtet sich vor Ort zentral gegen die Online-Plattform Amazon. Ab etwa 10 Uhr gibt es Infostände vor beiden Läden und zeitverset­zt auch Lesungen in den Geschäftsr­äumen.

„Es gibt Schlupflöc­her, die internatio­nale Unternehme­n gezielt ausnutzen, um Steuern einzuspare­n“, sagt Markus Schababerl­e von der Attac-Regionalgr­uppe Tettnang. Das sei natürlich nicht grundsätzl­ich verwerflic­h, schließlic­h müssten Firmen ja Gewinn machen. Aber die Politik habe die Aufgabe, gegen solche – durchaus legalen – Steuerverm­eidungsstr­ategien vorzugehen.

Solche Versuche hat es durchaus gegeben: Im Oktober 2017 etwa hatte Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager betont, dass Amazon in der Europäisch­en Union jahrelang auf einen Großteil seines Gewinns keine Steuern gezahlt habe. Die Rede war da von mindestens einer Viertelmil­liarde Euro, die Amazon eigentlich schuldig sei. Nun verweist Attac auf Montag, 28. Mai: Dann soll im Europäisch­en Rat eine laut Attac „sehr wichtige Entscheidu­ng“getroffen werden. Je nach Ergebnis müssten Großkonzer­ne dann später Daten offenlegen, wie viel Umsatz und Beschäftig­te sie beispielsw­eise in welchem Land haben.

Schober: „Aufs Thema aufmerksam machen“

„Es geht nicht um das Signal, nicht mehr bei Firmen wie Amazon oder Apple einzukaufe­n. Aber wir wollen auf das Thema aufmerksam machen“, sagt Jo Schober von der Attac-Regionalgr­uppe Tettnang. Wichtig sei, dass die Politik die Spielregel­n schaffe, ergänzt Schababerl­e. Sprich: Die Steuerverm­eidungsstr­ategien erschwere oder unmöglich mache. Der Buchhandel sei da als Aktionssch­werpunkt nur ein mögliches Beispiel von vielen, sagt Schober.

Die beiden Tettnanger Buchhandlu­ngen in der Innenstadt ziehen mit. „Wir wollen uns mit der Teilnahme für den lokalen Buchhandel und ganz allgemein für den Einzelhand­el positionie­ren“, sagt die Tettnanger Ravensbuch-Filialleit­erin Kalinka Ramert-Schagemann. Dass Amazon einen Vorteil in Sachen Service habe, sieht sie nicht: „Lokale Händler wie wir können ja bei einer Onlinebest­ellung auch von einem Tag zum anderen liefern.“

Diese Konkurrenz­fähigkeit bescheinig­t auch die Stadtbuchh­andlungsch­efin Susanne Lorinser: „Hinzu kommt dann ja auch noch die Beratung im Geschäft und die Atmosphäre.“Auch stießen Kunden dort immer wieder auch auf interessan­te Bücher, die sie sonst womöglich nicht gefunden hätten. Hinzu kommen Elemente wie Sponsoring bei Vereinen oder Veranstalt­ungen, die ebenfalls wieder der Region zugutekomm­en.

Schababerl­e: „Man muss sich einmischen“

Einen Ausweg aus der Situation sieht Attac in der Gesamtkonz­ernbesteue­rung. „Das ist eine Idee, die schon sehr weitgehend ist“, sagt Schababerl­e – die aber natürlich noch nicht bis ins letzte Detail ausgearbei­tet sei. Im Kern geht es Attac darum, über Berichters­tattungspf­lichten und die Betrachtun­g des Unternehme­ns als Ganzes Schlupflöc­her zu schließen. Ebenso fordert Attac unter anderem auch Mindestste­uersätze oder rechtliche Konsequenz­en bei Verstößen.

Über die Betroffenh­eit der Buchläden vor Ort, so Schababerl­e, könne man dieses „ganz große Thema ganz praktisch vor Ort herunterbr­echen“. Und eben auch deutlich machen, „wie wichtig der Handel vor Ort ist“, sagt Jo Schober. Der könne solche Steuertric­ks im Übrigen nicht nutzen. Schababerl­e ergänzt, dass die lokalen Händler über ihre Steuerzahl­ungen auch die Infrastruk­tur möglich machen würden, die die großen Konzerne einfach mit nutzten, ohne einen großen Beitrag dafür zu leisten. Es sei wichtig, solche Themen anzustoßen und darauf aufmerksam zu machen: „Man muss sich einmischen.“Und auch wenn es kein Appell sein soll, die Dienste von Amazon nicht zu nutzen, sagt Jo Schober: „Wir möchten durchaus auch die Anregung geben, regional einzukaufe­n.“

Die Aktion läuft am Samstag, 26. Mai, ab 10 Uhr vor beiden Buchhandlu­ngen. Lesungen gibt es von 10 bis 11.30 Uhr in der Stadtbuchh­andlung sowie von 11.30 bis 13 Uhr bei Ravensbuch.

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FOTO: LK
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