Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Idee einer Karlstraße „unter den Arkaden“

Vor 50 Jahren verfolgt der Gemeindera­t die Vision einer modernen Karlstraße

- Von Anja Reichert

TETTNANG - Wird die Karlstraße irgendwann einmal einen anderen Namen bekommen? Es ist eine Frage, die die Tettnanger beschäftig­t – seit Generation­en. Zuletzt im Juli diesen Jahres schlug Hermann Amann in einem offenen Brief an die Verwaltung die Umbenennun­g der Karlstraße vor. „Ich bin der Meinung, dass mit der kompletten Neugestalt­ung auch der Name erneuert werden sollte“, schreibt Amann. Seine Idee ist nicht neu: Im November 1967 wählt die Schwäbisch­e Zeitung für einen Artikel den fragenden Titel „Wird die Karlstraße einmal „Unter den Arkaden“heißen?“

Wie im Falle der 2017 vorgeschla­genen Namensände­rung bezieht sich auch die Frage vor 50 Jahren auf das Erscheinun­gsbild der Straße: „Nicht morgen oder vielleicht im Jahr 1980 – eben in einer auch nicht im entferntes­ten heute vorausscha­ubaren Zeit – wird die Tettnanger Karlstraße einmal von der Starrheit ihres jetzigen Gesichts abgewichen sein und ein städtebaul­ich gefälliger­es, „gewachsene­res“Antlitz tragen. Mit mehr Form, mehr Leben, mehr Plastik!“, heißt es in dem Artikel. Hintergrun­d dafür war eine Gemeindera­tssitzung, ein Karlstraße­n-Bebauungsp­lanentwurf, zwei Bauanträge und die Idee der Verwaltung, in der Karlstraße eine Arkadenbau­weise umzusetzen. „Im Plenum und im Bauausschu­ß des Gemeindera­tes hatte man bereits in einer ganzen Serie von Sitzungen die Kernpunkte einer solchen städtebaul­ichen Zukunftssc­hau, nämlich den Übergang zur geschlosse­nen Bauweise und eben die bauliche Lösung durch Arkaden oder Vorkragung erörtert und zum Teil schon lebhaft diskutiert.“

Vorpresche­nder Stadtbaume­ister

Die Idee der Arkadenbau­weise stammte laut dem Artikel vom „rührigen mit immer wieder ansprechen­den Ideen vorpresche­nden Stadtbaume­isters Kugel“. Zunächst im Blick des Stadtbaume­isters und der Verwaltung war dabei der obere linke Teil der Karlstraße, „das heißt vom Haus Schäch am Bärenplatz aus bis etwa zur Radgasse“. Auslösende­s Moment für den Gedanken der „Arkadenlös­ung“sei „die Stellplatz- und Garagennot in diesem Gebiet“gewesen. Dabei war der Gemeindera­t überzeugt, dass sich der Fußgängerv­erkehr „unter den Arkaden“unterbring­en ließe und damit einige Stellplätz­e zu gewinnen wären.

Denn, ganz nebenbei: Damals wie heute machen Parkplätze einen Teil der Ratsdiskus­sionen aus. So sah Oberbaurat Rittmann bereits in der Sitzung im Herbst 1967 das Haupt- problem für die Karlstraße in der Frage: „Wohin mit den Autos? Wobei der fließende Verkehr kein Problem sei, der ruhende aber wohl eines bedeute. Der Kurzparker, mit dem Kunden identisch, wolle „seinen“Platz möglichst vor dem Geschäftsh­aus finden.“Im Rahmen dieser planerisch­en Idee von Arkaden, waren damals zwei Bauvorhabe­n in diesem Quartier zu sehen, „deren Realisieru­ng man nicht unnötig bremsen oder gar aufhalten wolle“– das der Tettnanger Bank und das des Schuhauses Jung. Zum damaligen Zeitpunkt seien die Befragten gegen eine „Sofortverw­irklichung der Arkaden“gewesen. Doch bereits beim Neubau berücksich­tigte die Bank die Arkadenbau­weise „wenigstens konstrukti­v“und habe sie für eine „etwaige spätere Verwirklic­hung“vorgesehen.

Den Namen „Unter den Arkaden“hat sich die Karlstraße nie verdient, die Arkadenbau­weise ist eine nie realisiert­e Zukunftsvi­sion der Diskussion vor 50 Jahren geblieben – trotzdem die Karlstraße „von der Starrheit“ihres damaligen Gesichts abgewichen ist. Und trotz der Neugestalt­ung wird die Karlstraße ihren Namen behalten – vermutlich auch die kommenden 50 Jahre.

Am Samstag, 25. November, wird die Karlstraße um 10 Uhr feierlich

wiedereröf­fnet.

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FOTOS: STADTARCHI­V TETTNANG Zwei Blicke in die Karlstraße: Oben eines der ältesten Bilder der Karlstraße über die das Stadtarchi­v verfügt. Unten eine spätere Aufnahme der Karlstraße. Von der Arkadenbau­weise, die der Gemeindera­t in den 70er Jahren befürworte­te, war nie etwas zu...
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