Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Politischer Brandstifter
Das sind die Bilder, die sich der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont gewünscht hat: Spanische Polizisten, die in Barcelona Abstimmungslokale räumen, Urnen beschlagnahmen, die mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Demonstranten vorgehen. Bilder, mit denen die katalanische Sezessionsregierung beweisen will, dass in Katalonien angeblich die Demokratie und die Freiheit unterdrückt werden.
Dabei verschweigt der Chefseparatist Puigdemont, dass das Referendum illegal ist. Weil es von Spaniens Verfassungsgericht, der obersten Justizinstanz des spanischen Königreichs, zu dem bis heute auch Katalonien gehört, verboten worden war. Insofern ist die Lage in Katalonien nicht vergleichbar mit jenem Unabhängigkeitsreferendum, das 2014 in Schottland stattfand. In Großbritannien hatte die Regierung in London die Abstimmung erlaubt.
Dass Puigdemont das fragwürdige Plebiszit trotzdem durchpeitschte, gehört zu seiner Strategie der gezielten Eskalation. Er wusste natürlich, dass keine geordnete Abstimmung möglich sein würde. Und dass sein Aufruf zum Ungehorsam die Spannungen anheizen würde. Derlei Vorgehen bezeichnet man üblicherweise als politische Brandstiftung.
Der oberste Nationalist Kataloniens hat Spanien deshalb dazu gezwungen, gegen die Abstimmung vorzugehen, weil er darauf setzt, dass diese Konfrontation seiner Unabhängigkeitsfront weiteren Zulauf verschafft, um ihre politische Macht auszubauen. Dabei haben die Separatisten keine klare Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich – auch wenn sie im regionalen Parlament in Barcelona mit einer knappen absoluten Mehrheit regieren, die sie vor zwei Jahren mit 47,8 Prozent der Stimmen errangen.
Ob es freilich von Spaniens konservativem Regierungschef Mariano Rajoy klug war, auf Puigdemonts Provokation ausschließlich mit Gerichtsurteilen und Polizeioperationen zu reagieren, steht auf einem anderen Blatt. Denn es zeigt sich jeden Tag mehr, dass Rajoy diesen Konflikt nur mit den Mitteln des Rechtsstaates und ohne politische Angebote nicht wird lösen können. Ein Ende der Eskalation ist nicht in Sicht.