Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Große Koalition der kleinen Schritte
Gipfel endet mit wenigen Kompromissen – SPD zieht mit strittigen Fragen in den Wahlkampf
- Der große Wurf ist ausgeblieben. Am Ende des Koalitionsgipfels, der spät in der Nacht zum Donnerstag endete, stand viel KleinKlein. Mühsam konnten sich die Union unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die SPD mit ihrem neuen Vorsitzenden Martin Schulz an der Spitze auf wenige Kompromisse einigen, die de facto auf drei DIN-A4-Seiten passten.
Der wichtigste Erfolg für die Union: härtere Strafen für Einbrecher und erweiterte Befugnisse für Ermittler. Behörden sollen zudem bessere Möglichkeiten zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch von Asylbewerbern erhalten. Die Punkte, mit denen sich die SPD durchsetzen konnte, sind Verbesserungen beim Familiennachzug für Flüchtlinge, Schutzkonzepte für Frauen und Kinder in Flüchtlingsunterkünften sowie die Verringerung der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Beim Verbot von Kinderehen herrschte indes Einigkeit.
Die großen Streitpunkte wie Begrenzung von Managergehältern, Solidarrente, Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit oder die Homo-Ehe blieben strittig. Die SPD will damit in den Bundestagswahlkampf ziehen und lehnt weitere Koalitionsgipfel im Kanzleramt ab. Sechs Monate vor der Bundestagswahl und wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen wurde um jedes Detail gerungen. Kanzlerin Merkel, ihr Herausforderer Schulz, das halbe Bundeskabinett und die Spitzen der beiden Fraktionen arbeiteten die strittigen Punkte mühsam bis 2.30 Uhr ab.
Am Morgen danach gibt es dann jedoch nur Sieger. CDU und CSU hätten „einen schönen Erfolg“erzielt, wertete Unionsfraktionschef Volker Kauder den nächtlichen Verhandlungsmarathon als Punktsieg für die eigenen Reihen. Es seien vor allem Themen beschlossen worden, die der Union wichtig gewesen seien, sagte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). „Wir haben wichtige Einigungen getroffen“, zeigte sich auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zufrieden. „Bei allen Fragen, die mehr Gerechtigkeit betreffen, stoßen wir allerdings jetzt an die ideologischen Grenzen der Union.“