Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ankunft einer zukünftigen „Ikone“
Bastian Schweinsteiger wird in Chicago mit großen Erwartungen empfangen
(dpa/SID/sz) - Ein unvergesslicher Empfang sollte es werden, prompt wurde der Oberbayer begrüßt wie ein Popstar. Als Bastian Schweinsteiger Dienstagnacht das Terminal 5 im Flughafen Chicago O’Hare betrat, wurde er mit Sprechchören empfangen. „Oh my god! Schweinsteiger!“Dicht drängten sich Hunderte Fans, Trommeln wurden geschlagen. Im dunklen Anzug posierte Schweinsteiger strahlend mit Fans für Selfies. Ein großes Banner zeigte ein Bild des Weltmeisters: „Fußballgott“.
Schweinsteiger ist in den USA angekommen, am Abend trainierte er erstmals mit Chicago Fire. Sein erstes Spiel in der nordamerikanischen Profiliga Major League Soccer könnte er bereits am Samstag haben. Um 14 Uhr (21 Uhr MESZ/Eurosport) spielt sein Team gegen Montreal Impact.
Mit viel Wohlwollen war sein Wechsel nach Amerika kommentiert worden, sei er doch einer der ganz Großen, und zum Ende der Karriere sei das bestimmt der richtige Schritt. Bei Manchester United und mit dem kantigen José Mourinho lief es zuletzt nicht wirklich gut. Ein Charaktertest CHICAGO sei das gewesen, sagte Schweinsteiger der „New York Times“– aber er bereue nichts. „Ich bin nicht wirklich dazu veranlagt, negativ zu denken.“
Zunächst ein Jahr will der 32-Jährige nun in Chicago bleiben, 4,5 Millionen Euro soll er verdienen. Die Führung seines neuen Clubs, der eher im Mittelfeld der Eastern Conference dümpelt, verspricht sich von dem Star eine Initialzündung für das ganze Team. Die Erwartungen an den Weltmeister sind riesig. „Wir erwarten von ihm zu gewinnen, in allen Lebensbereichen. Bastian hat gezeigt, dass er gewinnt, und das ist es, was Champions tun. Er wird einen dauerhaften Einfluss auf den Club haben – auf dem Feld und abseits davon. Zum Beispiel dabei, eine Kultur zu entwickeln, die wir in unserem Club anstreben“, sagte Fire-Manager Nelson Rodriguez.
Aber es gibt auch kritische Stimmen: Schweinsteiger sei alt, langsam, Chicago bräuchte eher auf anderen Positionen Verstärkung.
„Niemals“, sagt Schweinsteiger selbstbewusst, „niemals habe ich an meinen Qualitäten gezweifelt. Ich habe noch sehr viel zu geben“, bevor er auf der Pressekonferenz ergänzte: „Ich brauche noch einige Trainingseinheiten, um mich auf dem Platz wohlzufühlen. Ich weiß, dass ich ein Schlüsselspieler sein werde, und ich will mich hier voll reinhängen.“
Die MLS unternimmt derzeit einiges, ihren Ruf zu polieren und zu wachsen, auch wenn Fußball im Land des Base- und Basketballs nach wie vor nur eine Nebenrolle spielt. Schweinsteiger, der Weltmeister, soll helfen, das zu ändern.
„Ich liebe Amerika“
Schon 2014, bei einem Besuch mit dem FC Bayern, habe er die MLS total spannend gefunden, sagt Schweinsteiger. Die Atmosphäre, die Professionalität, „das ist ein richtiges Event“.
Angebahnt wurde der Wechsel offenbar schon 2016. Fire-Trainer Veljko Paunovic sei nach England gekommen, man habe sich in einem Restaurant getroffen. Dessen Ideen für die Spielanlage, die Ansprüche an das Team: „Paunovic erinnert mich an Pep Guardiola“, sagt Schweinsteiger. „Ich war wirklich beeindruckt.“Und auch der Trainer selbst schwärmte nach dem ersten Training: „Dabei konnte man gleich sehen, welchen Einfluss er auf die Mannschaft hat, allein durch seine Präsenz“, sagte Paunovic: „Seine Ausstrahlung ist eine Inspiration. Wir haben seit Jahren auf einen Spieler von seinem Kaliber gewartet. Bastian kann eine Ikone für die gesamte Major League Soccer werden.“
Auch privat ist Chicago ein Neuanfang. Gattin Ana Ivanovic sagte, man müsse erst mal ein Haus finden: „Wir sind schon ganz aufgeregt. Das wird unser erstes richtiges Zuhause.“Gerüchte über eine Schwangerschaft kommentierte der Ex-Tennisprofi so: „Meine Karriere war lang und sehr hart. Ich denke, es ist wichtig, dass ich auch eine Zeit für mich selber habe. Aber auf jeden Fall möchte ich in der Zukunft Kinder haben.“
Schweinsteiger sagt, er müsse keinem irgendwas beweisen, höchstens sich selber. Und: „Ich liebe Amerika und die Leute. Für mich wird ein Traum wahr.“Sein Weg wird mit großer Aufmerksamkeit begleitet werden. Ein einsamer Ritt in den Sonnenuntergang zum Karriere-Ausklang sieht anders aus.