Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wer die Daten hat, hat die Macht
Oettinger rät Unternehmern, digitale Chancen zu nutzen
- „Wichtiger als jede Bundesstraße ist die zwölfspurige Datenautobahn.“Mit markigen Worten hat EU-Kommissar Günther Oettinger am Mittwoch in Friedrichshafen 150 Firmenchefs seine Sicht auf die Digitalisierung näher gebracht. Anlass: eine Veranstaltung namens „Tag der Weltmarktführer“, die hochkarätige Referenten und die Chance zum Netzwerken bot.
Es war kein allzu helles Bild von Gegenwart und Zukunft, das Digitalkommissar Oettinger gezeichnet hat. Innovativen Amerikanern und wendigen Asiaten steht demnach ein schwerfälliges und oft zerstrittenes Europa gegenüber, das Chancen und Risiken des digitalen Wandels nicht (oder noch nicht) überall verstanden hat. „Wer die Daten hat, hat die Macht“, sagte der ehemalige CDUMinisterpräsident und forderte die Manager auf, mehr Geld in Datensicherheit zu investieren und in jeder FRIEDRICHSHAFEN Konzernspitze einen fürs Digitale zuständigen Vorstand einzustellen. Datenschutz und schnelles Internet für alle seien Themen, die man sinnvoll nur gesamteuropäisch lösen könne. Noch sei der Zug nicht abgefahren, machte der Politiker den Wirtschaftsvertretern Mut. Es gelte jetzt, Digitalisierung als Chance zu begreifen und aktiv voranzutreiben.
Leserbriefe für TTIP
Oettinger nutzte die Gelegenheit, um für das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zu werben. „Wenn TTIP stolpert, wird Europa der Wurmfortsatz Asiens“, sagte er. Jeder Unternehmer müsse deshalb für das Abkommen trommeln. Es sei wichtiger, „mal einen Leserbrief für TTIP zu schreiben“, als sein Golfhandicap zu verbessern.
Der „Tag der Weltmarktführer“am Bodensee, für den die Teilnehmer bis zu 1290 Euro plus Mehrwertsteuer auf den Tisch gelegt haben, ist Teil einer Veranstaltungsreihe. Egal ob in Köln, Schwäbisch Hall oder Meschede – das Konzept der seit drei Jahren von der Zeitschrift Wirtschaftswoche veranstalteten Tagungen ist immer ähnlich. Fachleute aus Wirtschaft und Politik sprechen zu aktuellen Themen und geben Einblick in ihre Arbeit.
So berichteten am Mittwoch Vorstandsvorsitzender Stefan Sommer über die Strategie des Autozulieferers ZF Friedrichshafen und Thomas Wassenberg, Finanzchef von RollsRoyce Power Systems, über den Transformationsprozess in seinem Unternehmen. Der Motorenbauer vom Bodensee hatte unlängst eine Jobgarantie bis 2020, zugleich aber umfangreiche Flexibilisierungsmöglichkeiten beschlossen. Auf der Rednerliste standen auch der Chef des Baumaschinenhändlers Zeppelin, Peter Gerstmann, und die Geschäftsführer von Vetter-Pharma und Liebherr-Aerospace, Thomas Otto und Josef Gropper. Am Rande blieb viel Raum für Netzwerker.