Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Weindiebe in der „Sakristei“
Was für den leidenschaftlichen Sammler von Bargeld und Juwelen der Tresor ist, ist für den önologisch interessierten Feinschmecker der Weinkeller. Befüllt mit allerlei verstaubten Flaschen, vermag er wahre Kenner in ekstasische Zustände zu versetzen. Denn wir erinnern uns daran, was Platon über den Wein sagte: „Der Wein ist ein Geschenk der Götter, sie haben ihn den Menschen aus Erbarmen gegeben!“Hier eine schöne Pulle vom Chateau Petrus 2009, dort ein Fläschchen Château Lafite Rothschild 1er Cru Pauillac 2018 und da vielleicht noch eine olle Buddle Rioja des exzellenten Jahrgangs 1948 – schon wird aus dem Keller eine Goldgrube köstlicher Wertanlagen.
Im Restaurant Coque in Madrid nennen sie ihren berühmten Weinkeller ehrfurchtsvoll „Sakristei“. 25 000 Flaschen lagern dort unten. Bis neulich. Denn vor Kurzem haben raffinierte Rotweindiebe 132 Flaschen gestohlen, die etwa 200 000 Euro wert sind. Die Behörden gehen davon aus, dass die Schurken genau wussten, was sie taten. Denn Trollinger, Fanta und Johannisbeerschorle haben sie stehen lassen.
Die Chancen stehen schlecht, dass die erlauchten Flaschen je wieder in die Sakristei zurückkehren. Meist werden solche Weinraubzüge im Auftrag von Sammlern veranlasst. Und man kann davon ausgehen, dass diese den Wein lieber in sich hineinschütten, während die Polizei im Anmarsch ist, statt ihn je wieder herauszugeben. Was Platons Götter erzürnen dürfte. Denn die haben bei ihrem Erbarmen für uns Menschen nicht an Flaschenpreise von mehreren 10 000 Euro gedacht. (nyf )