Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Impftermine werden zum Ladenhüter
Im Laucherttal verpufft die Initiative des Landkreises für mehr Corona-Impfungen
LAUCHERTTAL - Um die Quote bei den Covid-19-Impfungen im Landkreis Sigmaringen zu erhöhen, hat das Landratsamt seit Mai mehrere Aktionen gestartet: Einwohner der Städte und Gemeinden können direkt über ihre Rathäuser einen Termin im Impfzentrum in Hohentengen buchen. Im Laucherttal aber bleiben die Städte und Gemeinden auf etlichen Terminen sitzen.
Vor allem zwei Gründe hatten das Landratsamt im Mai zum Handeln veranlasst: Zum einen kommen inzwischen etwa 70 Prozent der Menschen, die sich im Impfzentrum impfen lassen, aus anderen Landkreisen. Zum anderen liegt die Impfquote im Landkreis Sigmaringen unter dem Durchschnitt des Landes. Die direkte Terminvergabe für Menschen vor Ort soll das ändern.
Die Bilanz der jüngsten Aktionen liest sich allerdings enttäuschend. So hätten die Städte Gammertingen, Hettingen und Veringenstadt sowie die Gemeinde Neufra ab Mitte Juni jeweils 50 Impftermine vergeben können. In Neufra meldeten sich gerade einmal sechs Interessenten, in Hettingen waren es 13. Immerhin 25 waren es in Veringenstadt, gut 30 in Gammertingen. Einige davon meldeten sich später aber auch wieder ab.
In der vergangenen Woche wurden den Kommunen weitere Termine zur Verfügung gestellt – den genannten vier jeweils 25. „Vergeben haben wir davon bislang keinen einzigen“, sagt Neufras Bürgermeister
Reinhard Traub. Sein Gammertinger Amtskollege Holger Jerg zählt gerade einmal drei Anmeldungen. In Veringenstadt sind es sechs. „Auch bei uns kann von einem Run wirklich nicht die Rede sein“, sagt Hettingens Bürgermeisterin Dagmar Kuster.
Fast schon verzweifelt hatte Jerg in der vergangenen Woche an seine Gemeinderäte appelliert, das Angebot noch einmal publik zu machen. „Die aktuellen Zahlen sind einfach verheerend“, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir können auch einfach nicht nachvollziehen, warum wir Corona-Impfungen anbieten wie sauer Bier.“
Tatsächlich stochern bei der Suche nach Gründen alle vier Bürgermeister im Nebel. „Die Inzidenz ist ja deutlich nach unten gegangen“, sagt etwa Veringenstadts Bürgermeister Armin Christ. „Vielleicht sieht der eine oder andere dadurch keine Notwendigkeit mehr für eine Impfung.“Reinhard Traub wiederum verweist auf den Wunsch der Menschen, „unbeschwert in den Urlaub fahren zu können“, anstatt sich mit Fragen rund um einen Impftermin zu beschäftigen. Und Dagmar Kuster wirft die Handwerkerferien als einen weiteren möglichen Grund in den Raum.
Wollen sich die Menschen lieber beim Hausarzt impfen lassen? Lehnen sie die Impfung grundsätzlich ab? Oder zögern sie, weil es keine Wahlmöglichkeit beim genauen Termin und beim Impfstoff gibt? Diese Fragen zu beantworten gestaltet sich schwierig. „Weil die genauen Beweggründe unklar sind, fällt es mir auch schwer, Kritik zu üben“, sagt Holger Jerg. Überrascht darüber, dass sich die Impfungen als Ladenhüter erweisen, ist aber nicht nur er. „Ich hätte schon erwartet, dass die Aufhebung der Priorisierung für große Nachfrage sorgt“, sagt Reinhard Traub.
Armin Christ betont derweil die Freiwilligkeit bei den Impfungen. „Natürlich wäre es von Vorteil, wenn sich viele Menschen impfen lassen“, sagt er. „Aber am Ende muss das jeder für sich individuell entscheiden.“
Die gute Nachricht: Bleiben bei den Kommunen Termine offen, verfällt dadurch kein Impfstoff. Ungenutzte Zeitfenster werden der zentralen Vergabe über die Internetseite impfterminservice.de und die Telefonnummer 116 117 zur Verfügung gestellt – und stehen damit allen BadenWürttembergern offen.
Unklar blieb am Montag, wie stark die Impftermine über die Kommunen im Landkreis insgesamt nachgefragt werden: Eine entsprechende Anfrage der SZ ließ das Landratsamt bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Terminvereinbarungen für die Einwohner der jeweiligen Städte und Gemeinden sind weiterhin
möglich unter den Telefonnummern 07574/40 61 35 und
40 61 36 (Gammertingen), 07574/ 930 00 (Neufra), 07574/931 00 (Hettingen) und 07577/9300 (Veringenstadt).