Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Angestellt auf Zeit
Für Beschäftigte bringen befristete Arbeitsverhältnisse oft Unsicherheiten mit sich
BERLIN (dpa/tmn) – Für Berufsanfänger, aber auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten bieten Arbeitgeber gerne nur befristete Verträge an. Das macht es möglich, sich relativ unkompliziert wieder von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern zu trennen. Für Beschäftigte kann ein befristeter Vertrag zwar den Einstieg erleichtern, bringt aber oft Unsicherheit mit sich.
Wann ist eine Befristung grundsätzlich zulässig?
„Jedes Arbeitsverhältnis kann befristet werden“, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Befristete Verträge gebe es in allen Bereichen, Branchen und Betriebsgrößen. Hoch sei der Anteil beispielsweise im öffentlichen Dienst, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht Sönke Runge. Der Bedarf sei in größeren Betrieben generell höher als in Kleinbetrieben.
Welche Chancen und Risiken bieten befristete Verträge?
Befristeten Verträgen wird oft nachgesagt, sie würden die Chance bieten, viel Berufserfahrung zu sammeln. „Allerdings ist ein befristeter Vertrag für einen Arbeitnehmer immer schlechter“, sagt Fachanwalt Runge. Auch aus einem unbefristeten Vertrag komme man jederzeit heraus, wenn man in anderen Betrieben neue Erfahrungen sammeln wolle.
Zu den Risiken gehören unter anderem die Planungsschwierigkeiten. Kann ich mir die Wohnung leisten, wenn ich nicht sicher bin, ob ich den Job in einem halben Jahr noch habe? Zudem könnte es sein, dass Arbeitnehmer weniger motiviert sind, wenn sie wissen, dass der Job etwa nur für ein Jahr Bestand hat.
Für Arbeitgeber ist es mit einem befristeten Vertrag leichter, sich von Mitarbeitern zu trennen, etwa weil sie noch nicht wissen, ob man zueinander passt und ob die Arbeitsleistung zufriedenstellend ist. Oder weil sie nur einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf haben.
Welche Modelle gibt es?
Es gibt zwei Möglichkeiten der Befristung: Ohne oder mit Sachgrund. Bei einer sogenannten sachgrundlosen Befristung darf vorher kein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebern bestanden haben.
In beiden Fällen läuft der Vertrag mit Ende der Befristung aus, ohne dass der Arbeitgeber kündigen muss. Sofern aber das Kündigungsrecht vereinbart ist, kann der Arbeitgeber auch ein befristetes Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten fristgerecht im Rahmen der Probezeit ohne Grund kündigen. Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser bei einer Kündigung beteiligt werden.
Wie oft kann ein Vertrag befristet werden?
Ohne Sachgrund darf ein Vertrag grundsätzlich nicht länger als zwei Jahre befristet sein. Innerhalb dieser zwei Jahre kann die Befristung bis zu dreimal verlängert werden. Gleichzeitig mit der Verlängerung dürfen die Vertragsbedingungen jedoch nicht geändert werden. Dann wäre die befristete Verlängerung unwirksam und der Vertrag unbefristet.
Mit Sachgrund kann der befristete Vertrag deutlich länger gültig sein. Klassische Fälle seien hier die Elternzeit- oder Krankheitsvertretung sowie Projektarbeit, die auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt ist oder im Bereich des öffentlichen Dienstes zeitlich befristet finanziell gefördert wird, zählt Meyer auf.
Eine Befristung mit Sachgrund könne auch wirksam sein, wenn bereits in der Vergangenheit ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe, erklärt Meyer, der Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist.
Gibt es ein Limit für Befristungen?
Es gibt gewisse Grenzen, die eingehalten werden müssen, damit nicht ein befristeter Vertrag nach dem anderen geschlossen wird. Dafür sei eine Ampelregelung entwickelt worden, erklärt Meyer. Basis ist ein Urteil (Az.: 7 AZR 135/15) des Bundesarbeitsgerichts von 2016, in dem sich erstmals klare quantitative Vorgaben
zu erlaubten Befristungen in drei Stufen finden.
Unkritisch und damit „grün“sind im Ampelsystem vier Jahre, in denen sechs Verträge abgeschlossen werden. In acht Jahren zwölfmal einen Vertrag abzuschließen, könnte auch noch zulässig sein, erklärt Runge weiter. Die Befristungsampel würde dann aber auf gelb schalten. Im Einzelfall wird die Rechtmäßigkeit vor Gericht geprüft.
Auch Mischmodelle sind möglich. So könnte beispielsweise ein neu eingestellter Arbeitnehmer zunächst zwei Jahre lang ohne Grund befristet gearbeitet haben. Wird dann beispielsweise eine Kollegin schwanger, kann ein neuer befristeter Vertrag zur Vertretung während der Schwangerschaft und der anschließenden Elternzeit abgeschlossen werden.
Welche Bedingungen muss ein befristeter Vertrag erfüllen?
Eine Befristung muss schriftlich erfolgen. „Und zwar oldfashioned in einem von beiden Parteien unterschriebenen Dokument, nicht per Mail oder digitaler Signatur“, stellt Meyer klar. Wichtig ist, dass der Vertrag vor Arbeitsbeginn von beiden Parteien unterschrieben wurde. Fangen Arbeitnehmer schon vorher an zu arbeiten, wird die Befristung in aller Regel unwirksam.
Ob es sich um eine sachgrundlose Befristung handelt oder nicht, muss nicht im Vertrag stehen.
Wie spricht man eine gewünschte Entfristung am besten an?
„Sprechen Sie die Entfristung dann an, wenn Ihre Verhandlungsposition am besten ist“, rät Runge. Also wenn der Arbeitgeber das Gefühl hat, er wird Sie auch in Zukunft brauchen.
Drei Monate vor Vertragsende müssen sich Beschäftigte bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Wird das Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt, benötigt man eigentlich keinen neuen schriftlichen Vertrag. Fachanwalt Peter Meyer rät dennoch dazu, die dann geltenden Bedingungen zu verschriftlichen.