Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Sorge vor neuem Angriff aufs US-Kapitol
Hinweise auf eine erneute Bedrohung des Kongresssitzes sorgen für Unruhe – Sitzung abgesagt
WASHINGTON (dpa) - Hinweise auf einen möglichen neuen Angriff auf das US-Kapitol haben Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Washington zu erhöhter Wachsamkeit veranlasst. Eine für diesen Donnerstag geplante Plenumssitzung des Repräsentantenhauses wurde abgesagt. Dessen Vorsitzende, die Demokratin Nancy Pelosi, begründete dies am Donnerstag vor allem mit organisatorischen Gründen. Bei der Entscheidung habe aber auch die Bedrohungslage eine Rolle gespielt.
Die Polizei des Kapitols hatte am Mittwoch mitgeteilt, es gebe Geheimdiensthinweise auf einen möglichen Plan einer Miliz für einen Angriff an diesem Donnerstag. Die Polizei sei sich potenzieller Bedrohungen bewusst und darauf vorbereitet. Neben der Errichtung von Barrieren sei unter anderem die Zahl der Sicherheitskräfte zum Schutz des Parlaments erhöht worden.
Der Senat tagte am Donnerstag wie gewohnt. Das Repräsentantenhaus zog eine Abstimmung dagegen auf Mittwochabend (Ortszeit) vor. Pelosi betonte, dies sei vor allem eine „Annehmlichkeit“für die Republikaner in der Kammer gewesen, die für diesen Donnerstag ein internes Treffen geplant hätten.
Pelosi erklärte allerdings auch, im Repräsentantenhaus gebe es viermal so viele Abgeordnete wie Senatoren im Senat. Für den Fall, dass Unruhestifter erscheinen sollten, sei die Streichung der Sitzung also sinnvoll gewesen. Bei ihrer Pressekonferenz bemühte sich Pelosi außerdem, der Bedrohung nicht zu viel Bedeutung beizumessen: Es solle sich niemand ermutigt fühlen, dass die Kammer ihren gesamten Zeitplan ändere, nur weil „ein paar Unruhestifter auftauchen könnten“.
Anhänger des inzwischen aus dem Amt geschiedenen US-Präsidenten Donald Trump hatten am 6. Januar während einer Sitzung des Kongresses das Kapitol gestürmt. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. Der Republikaner hatte seine Anhänger kurz vor dem Angriff bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Sieg bei der Wahl im November gestohlen worden sei.
Manche Anhänger der Verschwörungstheorie QAnon glauben, dass Trump an diesem Donnerstag an die Macht zurückkehren würde. Bis 1933 war der 4. März nach einer Wahl das offizielle Datum, an dem US-Präsidenten vereidigt wurden. Pelosi sagte, mit derartigem „Unsinn“dürfe man nicht seine Zeit verschwenden. Inzwischen erfolgt die Amtseinführung eines neuen US-Präsidenten am 20. Januar – so auch in diesem Jahr, als der Demokrat Joe Biden das Amt übernahm.
Die amtierende Chefin der Kapitol-Polizei, Yogananda Pittman, hatte bereits vergangene Woche gewarnt, es gebe Informationen, wonach rechte Milizen einen weiteren Angriff auf das Parlament erwägten.