Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bayern optimistisch vor dem Auftakt
Für einige ist es die erste, für einige Bayern-Kicker wohl die letzte Chance auf den Henkelpott
MÜNCHEN (dpa) - Manuel Neuer hat nach dem frühen K.o. des FC Bayern in der vergangenen Champions-League-Saison hohe Ziele verkündet. Man wolle „mindestens ins Halbfinale“, erklärte der Kapitän am Tag vor dem Spiel heute (21 Uhr) gegen Roter Stern Belgrad. Die Münchner waren im Achtelfinale der Vorsaison am späteren Sieger FC Liverpool gescheitert. Coach Niko Kovac zeigte sich überzeugt, „dass wir in diesem Jahr weiter kommen“.
MÜNCHEN (dpa/SID) - Sechs Monate Champions-League-Entzug haben Manuel Neuer mächtig genervt. Der Kapitän des FC Bayern kann das Erklingen der Königsklassen-Hymne (21 Uhr/Sky) kaum erwarten. Das wurde schon 30 Stunden vor dem Anpfiff gegen Roter Stern Belgrad deutlich, als der Nationaltorhüter voller Vorfreude und mit klaren Ansagen über den Münchner Neustart in Europa sprach. Der schmerzhafte Achtelfinal-K.o. gegen den FC Liverpool im März soll dabei einen Extraschub auslösen. „Wir haben es in der letzten Saison erfahren müssen, wie bitter es sein kann, in der Champions League auszuscheiden. Das war deutlich zu früh für uns“, sagte der 33-Jährige. Der Titelgewinner von 2013 formulierte selbstbewusst. „Durch das Ausscheiden gegen Liverpool ist die Motivation riesengroß. Es ist unser Ziel, es besser zu machen. Wir wollen wieder mindestens ins Halbfinale.“
Im umformierten Bayern-Team um Neuzugang Philippe Coutinho wird sogar vom Maximalerfolg geträumt. „Wir sind sehr hungrig! Wir wollen den Henkelpott wieder holen und werden alles dafür tun“, berichtete Neuer. Im Team gebe es viele junge Spieler, „die den Henkelpott unbedingt das erste Mal gewinnen wollen“– und eben auch einige erfahrene Profi, „die das noch einmal erleben wollen“. Für einige könnte es zudem die letzte große Chance sein. Mit Neuer selbst, Thomas Müller, Jérôme Boateng, Javi Martinez und David Alaba sind noch fünf Profis dabei, die 2013 am Triple mit dem Höhepunkt im Wembley-Stadion beteiligt waren – und (bis auf Alaba) nun jenseits des 30. Lebensjahres sind. Auch Torjäger Robert Lewandowski ist bereits 31. Es gilt also nicht irgendwann, sondern in dieser Saison. Jetzt.
Die Rückkehr auf Europas Bühne ist auch für Niko Kovac von höchster Bedeutung. Die Botschaft, die KarlHeinz Rummenigge schon vor Wochen verbreitet hatte, war an Deutlichkeit nicht zu überbieten. „Dieser Club lechzt nach der Champions League“, sagte der Vorstandschef, „das ist die Königsklasse, der wichtigste Titel. Davon hängt alles ab.“
Wohl auch die Zukunft von Niko Kovac in München. Auch wenn das nationale Double mit Meistertitel und Pokalsieg eine beachtliche Ausbeute im ersten Jahr war, haftet dem Bayern-Coach das Achtelfinal-Aus als Makel an. Den 1:3-K.o. gegen Jürgen Klopps Elf gilt es zu korrigieren.
Denn nur mit internationalen Ruhmestaten werden Trainer in München zu Legenden. Ottmar Hitzfeld (2001) und Jupp Heynckes (2013) holten als bislang Einzige den Henkelpott. Selbst einem Pep Guardiola glückte das in drei Halbfinaljahren mit dem FC Bayern nicht.
Doch Kovac will sich vor dem Auftakt in Gruppe B nicht verrückt machen lassen. „Wir hatten letztes Jahr Lospech, dass wir gegen den Sieger ausgeschieden sind. Neues Jahr, neues Spiel, neues Glück“, sagte der Kroate und fügte kämpferisch hinzu: „Ich bin überzeugt, dass wir weiter kommen werden als letztes Jahr.“
Spannend ist, wie Kovac Europa angehen wird. Coutinho wird nach seinem Kurzeinsatz beim 1:1 gegen RB Leipzig in der Startelf erwartet – vermutlich für Müller auf der Zehn. „Das ist seine Schokoladenposition“, sagte Kovac über Coutinho, der sein spielerisches Können nun mehr und mehr zur Geltung bringen soll.
„Wir sind sehr hungrig! Wir wollen den Henkelpott wieder holen und werden alles dafür tun.“ Manuel Neuer
Serbiens Meister dürfte auf eine kompakte Defensive und Konter setzen. „Wir müssen geduldig immer wieder dran bleiben, um die Lücke zu finden“, sagte Kovac. Der Glanz von Roter Stern aus der strahlenden Zeit vor 30 Jahren ist zwar verblasst, aber gefährlich sind die Serben immer. In der vergangenen Saison überraschte das Team mit einem 2:0-Heimsieg gegen Liverpool. Auswärts gab es dagegen heftige Klatschen wie das 1:6 in Paris oder das 0:4 in Liverpool.
Solch ein Ergebnis käme den Bayern gerade recht. Mit dem 16. Auftaktsieg am Stück wollen die Münchner Startspezialisten den Grundstein für eine längere Königsklassen-Saison legen. „Wir sind heiß darauf, gut loszulegen“, sagte Thomas Müller: „Wir wollen gleich eine Duftmarke setzen.“In der Gruppe mit den Außenseitern Belgrad und Olympiakos Piräus sowie dem letztmaligen Finalisten Tottenham Hotspur ist das Weiterkommen Pflicht.
Das große Ziel heißt also Istanbul, wo am 23. Mai 2020 das Finale steigt. Wie enorm die Bedeutung ist, hatte Rummenigge jüngst herausgestellt: „Wenn du da erfolgreich bist, hast du die Aufmerksamkeit der gesamten Welt.“Er wolle Kovac „nicht unter Druck setzen, aber die Formel ist einfach: Je weiter du kommst, desto größer ist die Aufmerksamkeit.“Das Finale „hat ein Milliardenpublikum, das ist durch nichts zu ersetzen.“