Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Severin Freunds WM-Rettungsplan
Im zweitklassigen Continental Cup will der Skispringer Weite und Form finden
GARMISCH-PARTENKIRCHEN - Severin Freund dürfte rechtschaffen ausgepowert sein, wenn er Markus Eisenbichler heute die Daumen drückt vom heimischen TV-Sessel aus. Während der aktuell Zweite der
67. Vierschanzentournee in Innsbruck die Qualifikation angeht (14 Uhr/ARD und Eurosport), ist für den Wahl-Münchner vom WSV DJK Rastbüchl Individualprogramm angesagt – ehe er am Samstag und Sonntag in Klingenthal im Continental Cup, im zweitklassigen Unterbau der Skispringer, startet.
Platz 41 beim Neujahrsspringen, Platz 36 zuvor in Oberstdorf – da war der Tournee-Ausstieg logische Konsequenz. Für Severin Freund selbst („Ich bin im Moment nicht in der Form, dass ich da mitspringen kann, wo ich mitspringen möchte“), für Bundestrainer Werner Schuster („Er probiert alles. Aber es wird immer verkrampfter, immer schwieriger“). Also heimfahren, „einmal kurz den Frust rauslassen im Training, bissl Krafttraining machen“, Eisenbichler gucken – und dann ...
Ja: Was dann? Die Frage „Was dann nicht?“zu beantworten, fiel Severin Freund leichter am Neujahrsabend. „Ich werd’ auf jeden Fall jetzt nicht aufstecken!“Jetzt, da er sich zurückgekämpft hat auf die WeltcupSchanzen nach den zwei Kreuzbandrissen (Januar 2017, Juli 2017) im rechten Knie. Jetzt, da sich unschön bestätigte, was der 30-Jährige – „da bin ich einfach Realist“– durchaus auf seiner Rechnung hatte: „Dass die Tournee sehr, sehr früh kommt.“Zu früh nach fast zwei Jahren Wettkampfpause, nach den Rängen 29, 31,
22, 30, 50 und 47 seit dem Wiedereinstieg Ende November.
Was unrund läuft, weiß Severin Freund; an „relativ vielen Stellschrauben“müsse er drehen. Die wichtigsten: „Das ist einerseits, dass ich keinen Druck auf den Schanzentisch bring’, von dort weg ist der ganze Flug verkrampft.“Andererseits gelte es, „grundsätzlich ein bissl was am Flugsystem zu verändern, weil ich halt schon im Moment eher mehr in den Ski reinfall’.“Detailanalyse braucht’s da. Und dann „hoffentlich ein paar Sprünge mal, die in die richtige Richtung gehen“.
Severin Freund: „Ich bin mir für nichts zu schade“
Im laufenden Weltcup-Betrieb fallen derlei Versuche schwer – auch, weil die derzeit großen Weiten von Kobayashi, Eisenbichler & Co. kürzere Anfahrten zur Folge haben, „sodass ich da nicht zum Fliegen komm’“. Continental Cup also „Ich hab’ schon immer gesagt, dass ich mir für nichts zu schade bin“, beteuerte Severin Freund in Garmisch-Partenkirchen, und dass er sich „über Ergebnisse anbieten“wolle. Eine Option, die der Deutsche Skiverband anderntags als beschlossen und für gut befunden verkündete. Statt Bischofshofen also heißt es an Samstag und Sonntag jetzt Klingenthal.
Ob es über Sachsen bis nach Seefeld reicht – die Nordische Weltmeisterschaft ab 20. Februar war erklärtes Saisonziel des Rückkehrers Freund –, wird sich weisen. DSV-interne WMNorm sind zwei Weltcup-Platzierungen unter den besten sechs.
Andernfalls? „Wird die Welt davon auch nicht untergehen, und es wird weitergehen.“Mit Frust-RausKrafttraining dann wohl. Und nach wie vor dem Antrieb, „dass ich wieder besser skispring’“.