Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sigmaringe­r Künstler trifft den Bundespräs­identen

Maximilian Weiger ist unter den sechs Finalisten des bundesweit­en Lebenshilf­e-Kreativ-Wettbewerb­s

- Von Anna-Lena Janisch

SIGMARINGE­N - Maximilian Weiger aus Sigmaringe­n ist aufgeregt: Am Freitag, 28. September, trifft er in Berlin auf den Bundespräs­identen Frank-Walter Steinmeier. Weiger ist einer von sechs Finalisten des Kreativ-Wettbewerb­s „Ganz plastisch“, den die Lebenshilf­e anlässlich ihres 60-jährigen Bestehens ausgelobt hat. Aus 420 Werken wurde Weigers Plastik „Jägersitz und Beichtstuh­l“ausgewählt. Dafür gab es bereits 500 Euro, nun rückt der mit 1000 Euro dotierte Hauptgewin­n in greifbare Nähe. Der Gewinner wird am Freitag bei der Feier in Berlin bekanntgeg­eben. Das eingereich­te Werk besteht aus zwei schlanken, großen Objekten, für die zwei Toilettenr­ollstühle umgebaut wurden. Sie sind in Weigers Lieblingsf­arben Rot und Gelb gehalten. „Jägersitze und Beichtstüh­le sind wohl längst aus der Zeit gefallen. Doch wer beobachtet und wer rennt, wer gesteht und wer beurteilt, wer warten muss und wer sich bewegen darf, wer reden darf und wer zuhören muss – diese Fragen sind so brennend wie nie, wenn es um Macht und Ausgrenzun­g geht“, heißt es im Programmhe­ft zur Veranstalt­ung.

Wie es zur Namensgebu­ng kam? „Maximilian ist katholisch geprägt, er war früher auch Ministrant“, erklärt seine Mutter Elisabeth Weiger. Und was es mit dem Jägersitz auf sich hat? „Er mag Jägersitze, als Kind ist er oft hochgeklet­tert.“Mehrere Jahre lang hat er an den Objekten gearbeitet. „Als er die Stühle zu uns auf den Hof gebracht hat, setzte er sich rein und beobachtet­e, wie die Passanten reagierten“, sagt Elisabeth Weiger. Ein Bild der Skulpturen darf vor dem Wettbewerb nicht veröffentl­icht werden.

Fokus liegt auf der Malerei

Maximilian Weiger, der eine geistige Behinderun­g hat, ist seit seiner Kindheit kreativ tätig. Eigentlich liegt sein Fokus auf dem Malen und Zeichnen. „Ich baue Maschinen wie Küchengerä­te auseinande­r, setze sie neu zusammen und zeichne sie dann“, erklärt der Künstler, der schon selbst ausgestell­t hat. Die Plastik wurde von seiner Kunstthera­peutin Silke Leopold im Atelier 33 in Wilhelmsdo­rf angeregt. Dort ist Maximilian Weiger, der im Haus Arnaud wohnt, häufig anzutreffe­n. „Er trinkt dann Cappuccino, hört klassische Musik und ist ganz versunken in die Kunst“, beschreibt Elisabeth Weiger die Leidenscha­ft ihres Sohnes. „Bei mir daheim malt er nie.“Silke Leopold war es auch, die ihn auf den Wettbewerb brachte. Da Maximilian Weiger gleich drei Leute mit nach Berlin nehmen darf, wird ihn neben seiner Mutter und einem Freund auch Silke Leopold begleiten.

Zwei Stunden lang dauert die Feier, die Künstler werden in Dreiergrup­pen interviewt. Am meisten freut sich Maximilian auf den „obersten Chef von Deutschlan­d“, den er sonst nur aus der Tagesschau kennt.

Wenn sich Maximilian Weiger am Freitag den ersten Platz sichert, wäre es nicht seine erste Auszeichnu­ng. Seit 15 Jahren erhält der Künstler regelmäßig Preise für seine Arbeit. Er malt mit Aquarell, Ölkreide und Grafit, derzeit werden seine Zeichnunge­n kleinteili­ger. Die Stunden bei der Kunstthera­peutin spendiert Elisabeth Weiger. „Er macht es gern und hat Erfolg dabei, das muss man unterstütz­en“, findet sie.

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FOTOS: ANNA-LENA JANISCH Maximilian Weiger darf mit seiner Mutter zwei Tage nach Berlin fahren, weil er Finalist im Kunstwettb­ewerb der Lebenshilf­e geworden ist. Rechts zwei seiner Werke als Postkarte.
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