Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Nacht der Gesetzlosen
„The First Purge“– Wie Trump auch Horrorfilme beeinflusst
Der vierte Teil der erfolgreichen Horrorfilmreihe „The Purge“blickt zurück auf die Ursprünge der fiktiven amerikanischen Tradition, in der für eine Nacht alle Verbrechen erlaubt sind.
Die aktuelle Weltpolitik und die Lage der US-amerikanischen Nation nähren die Entstehung des neuesten Films „The First Purge“, dem Prequel zur „The Purge“-Trilogie mit den Filmen „The Purge – Die Säuberung“(2013), „The Purge: Anarchy“(2014) und „The Purge: Election Year“(2016). Nun erzählt Regisseur Gerard McMurray davon, wie ein größenwahnsinniger Politiker hofft, mithilfe eines morbiden Experiments die eskalierende Gewalt in seinem Land wieder unter Kontrolle zu bringen. Ein etwas anderes „Make America Great Again“.
Die Partei „Neue Gründungsväter Amerikas“möchte sich durch ein außergewöhnliches Experiment die Stimmen ihrer Wähler sichern. Eine sogenannte Säuberung soll es den Bürgern der USA möglich machen, einmal im Jahr Verbrechen begehen zu können, ohne Folgen fürchten zu müssen. Das Ziel: Die Kriminalitätsrate soll dadurch auf unter ein Prozent sinken.
Die Theorien einer renommierten Psychologin (Marisa Tomei) befeuern die Partei in ihren Plänen. Zu Testzwecken soll eine Säuberung auf Staten Island stattfinden. Doch als die Bewohner sich weigern, einander umzubringen, greifen die Politiker selbst ein und sorgen für eine blutige Nacht im Sinne ihrer Wähler.
„The First Purge“ist unübersehbar ein Film der Ära Trump. Und das merkt man nicht nur daran, dass in einer Szene ein „Pussy Grabbing Motherfucker“versucht, sich an einer jungen Frau zu vergehen. Auch von Fake News ist die Rede, und wenn der Parteichef der „Neuen Gründungsväter Amerikas“mit stolzgeschwellter Brust obskure Wahlversprechen gibt, die sich mit einem harmonischen Miteinander zwangsläufig nicht vereinbaren lassen, dann spiegelt das nur zu gut die aktuelle Lage der US-Politik wider.
In erster Linie ist „The First Purge“ein Film über die „Black Community“und die lateinamerikanische Gesellschaft, derer sich die NFFA entledigen will; stehen sie doch in diesem Film stellvertretend für die soziale Unterschicht, für die die Politik einfach nicht länger zahlen will.
Leider braucht das Skript von James DeMonaco ein wenig zu lange, bis sich diese gesellschaftskritischen Ansätze voll entfalten können. In der ersten Hälfte geht es vorwiegend um kleinere Streitereien unter den Bürgern, bei denen die Umstände der „Säuberungsnacht“zeitweise in den Hintergrund rücken. Auch die Szenen, in denen die Politiker dem kruden Treiben über Monitore beiwohnen, sind leider nur rar gesät. Und außer der banalen Erklärung, dass einfach jeder mal Dampf ablassen muss, liefert auch „The First Purge“keine neuen Erkenntnisse dazu, weshalb eine Säuberung den US-Amerikanern so viel Gutes verspricht. (dpa)