Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Volles Haus am Tag der offenen Museumsscheune
Beate und Norbert Schreiber aus Hohentengen öffnen erstmals ihre Privatsammlung
HOHENTENGEN - Beate und Norbert Schreiber haben zum ersten Mal ihre Privatsammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mehr als
130 Gäste waren gekommen, um Kunstvolles, Alltägliches und Kurioses aus der Vergangenheit zu entdecken.
Seit 30 Jahren wohnen die Schreibers in diesem ehemaligen Bauernhaus am Kirchweg. Es ist inzwischen
90 Jahre alt und kombiniert als Gebäude wie auch in der Einrichtung Neues und Altes. Die leidenschaftlichen Sammler stammen nicht aus Hohentengen, beide haben jedoch vor Ort Wurzeln geschlagen. Er kommt aus der Eifel und arbeitete vor der Rente als Sozialwissenschaftler, sie kommt aus Bad Saulgau und war Lehrerin. Immer wieder zeigten sie im privaten Kreis ihr geschichtsträchtiges Sammelsurium. Für den ersten Tag der offenen Tür rückten sie nun all ihre Schätze ins rechte Licht.
Schon am Morgen brachte eine Besucherin ein wertvolles Geschenk mit: Eine alte geschnitzte Mausefalle, die nur noch in der Redewendung „da beißt die Maus keinen Faden ab“weiterlebt. Denn erst, wenn die Maus den Faden abbeißt, kommt sie an den Köder, allerdings muss sie dies dann mit dem Leben bezahlen. Beate Schreiber zeigte den Zugewinn ihrer Sammlung im ersten Raum der Ausstellung. In der leeren Scheune steht gleich beim Eingang eine alte Schulbank. Darauf findet sich eine rote Fibel. Für Beate Schreiber und etliche Besucher ist dieses Erstlesebuch ein Stück Lebensgeschichte. Daneben liegt ihr Poesiealbum. Ihre eigenen Erinnerungen werden dabei wach, aber auch die ihrer Besucher. Marion Schöllhorn, die mit ihrem Mann Hans die Ausstellung besucht, hat eine besondere Beziehung zum eigenen Poesiealbum: „Mein Schulkamerad hat mir reingeschrieben ‚Wenn dich die bösen Buben locken, bleib zu Haus und stopfe Socken‘ und später haben wir dann geheiratet.“
Neben modernen Bildern, die der Hausherr malte, stellten die Schreibers in diesem Raum allerlei Haushaltsgegenstände aus. Nützliches, wie Einmachgefäße aus Ton, oder Schönes, wie Porzellangefäße, aber auch ein Taufkleid oder ein Nikolauskostüm sind hier zu entdecken. Und das Beste: Alles regt unmittelbar zum Erzählen an. Der nächste Ausstellungsraum erinnert zwar noch an den ehemaligen Schweinestall, doch jetzt sind die Koben bestimmten Themenbereichen zugeordnet. Eine Abteilung gehört den Wurzelfiguren des Vaters, die von der Eifel hierher umziehen durften. Daneben finden sich alle Stofftiere, die Buchstaben zugeordnet sind und die Beate Schreiber zum Unterricht für ihre Förderschüler nutzte. Wieder daneben sind besondere Krippen samt Figuren aufgestellt.
Devotionalien in der Scheune
Auch der Garten erzählt von der Sammelleidenschaft seiner Besitzer. Immer wieder entdeckten die Besucher Neues und stellten Fragen. Norbert Schreiber erklärte, wie das Güllefass am Hang mit Radschuh gebremst wurde, passend dazu hat er das Schild aufbewahrt: „Sperren ohne Radschuh ist mit 3 Mk. Strafe verboten. Schultheißenamt.“Auch die handbetriebene Maschine zur Verarbeitung von Flachs zeugt von der Arbeitswelt der Bauern in Hohentengen und Umgebung. In der Außenscheune sind neben Devotionalien, wie das Kruzifix aus der Schule oder ein Perlenkranz für ein Grab, auch allerlei Gegenstände verschiedener Berufsgruppen, wie Hobel, Dreschflegel, Garbenbinder oder Schuhleisten zusammen ausgestellt.
Ihre Wohnung sei, so Norbert Schreiber, „eine Holzbox über dem ehemaligen Kuhstall“. In gleicher Höhe haben sie sich noch einen Balkon über dem Garten angebaut. Von dort kommt man in den ehemaligen Hühnerstall, der den Farben Piet Mondrians gewidmet ist. Gleich dahinter ist ein Raum in der Dachschräge, die zur Galerie umgebaut werden soll.
Die Projekte und Ideen gehen ihnen so schnell nicht aus. Jeden Tag, so die Schreibers, widmen sie sich mindestens eine Stunde ihrer immer größer werdenden Sammlung. Bedarf für diese Art des Erlebens, das nicht zwischen einem Gesetzten „wertvoll und wertlos“unterscheidet, ist offensichtlich vorhanden. Die Schreibers freuten sich über den Erfolg: „Die Leute sind sehr offen und interessiert.“
Aufgrund von vielen Nachfragen haben Schreibers sich entschieden, ihre Sammlung weiteren Interessierten zu öffnen. Nach Vereinbarung wird die Sammlung für Gruppen ab zwei Personen gezeigt. Je nach Wetter besteht dann auch die Möglichkeit, sich im Garten oder in der Scheune bei Kaffee oder Tee in der Runde zusammenzusetzen.
Besucher
Interessierte können sich melden per E- Mail an dr. norbert. schreiber@ t- online. de