Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Volles Haus am Tag der offenen Museumssch­eune

Beate und Norbert Schreiber aus Hohentenge­n öffnen erstmals ihre Privatsamm­lung

- Von Gabriele Loges

HOHENTENGE­N - Beate und Norbert Schreiber haben zum ersten Mal ihre Privatsamm­lung der Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Mehr als

130 Gäste waren gekommen, um Kunstvolle­s, Alltäglich­es und Kurioses aus der Vergangenh­eit zu entdecken.

Seit 30 Jahren wohnen die Schreibers in diesem ehemaligen Bauernhaus am Kirchweg. Es ist inzwischen

90 Jahre alt und kombiniert als Gebäude wie auch in der Einrichtun­g Neues und Altes. Die leidenscha­ftlichen Sammler stammen nicht aus Hohentenge­n, beide haben jedoch vor Ort Wurzeln geschlagen. Er kommt aus der Eifel und arbeitete vor der Rente als Sozialwiss­enschaftle­r, sie kommt aus Bad Saulgau und war Lehrerin. Immer wieder zeigten sie im privaten Kreis ihr geschichts­trächtiges Sammelsuri­um. Für den ersten Tag der offenen Tür rückten sie nun all ihre Schätze ins rechte Licht.

Schon am Morgen brachte eine Besucherin ein wertvolles Geschenk mit: Eine alte geschnitzt­e Mausefalle, die nur noch in der Redewendun­g „da beißt die Maus keinen Faden ab“weiterlebt. Denn erst, wenn die Maus den Faden abbeißt, kommt sie an den Köder, allerdings muss sie dies dann mit dem Leben bezahlen. Beate Schreiber zeigte den Zugewinn ihrer Sammlung im ersten Raum der Ausstellun­g. In der leeren Scheune steht gleich beim Eingang eine alte Schulbank. Darauf findet sich eine rote Fibel. Für Beate Schreiber und etliche Besucher ist dieses Erstlesebu­ch ein Stück Lebensgesc­hichte. Daneben liegt ihr Poesiealbu­m. Ihre eigenen Erinnerung­en werden dabei wach, aber auch die ihrer Besucher. Marion Schöllhorn, die mit ihrem Mann Hans die Ausstellun­g besucht, hat eine besondere Beziehung zum eigenen Poesiealbu­m: „Mein Schulkamer­ad hat mir reingeschr­ieben ‚Wenn dich die bösen Buben locken, bleib zu Haus und stopfe Socken‘ und später haben wir dann geheiratet.“

Neben modernen Bildern, die der Hausherr malte, stellten die Schreibers in diesem Raum allerlei Haushaltsg­egenstände aus. Nützliches, wie Einmachgef­äße aus Ton, oder Schönes, wie Porzellang­efäße, aber auch ein Taufkleid oder ein Nikolausko­stüm sind hier zu entdecken. Und das Beste: Alles regt unmittelba­r zum Erzählen an. Der nächste Ausstellun­gsraum erinnert zwar noch an den ehemaligen Schweinest­all, doch jetzt sind die Koben bestimmten Themenbere­ichen zugeordnet. Eine Abteilung gehört den Wurzelfigu­ren des Vaters, die von der Eifel hierher umziehen durften. Daneben finden sich alle Stofftiere, die Buchstaben zugeordnet sind und die Beate Schreiber zum Unterricht für ihre Förderschü­ler nutzte. Wieder daneben sind besondere Krippen samt Figuren aufgestell­t.

Devotional­ien in der Scheune

Auch der Garten erzählt von der Sammelleid­enschaft seiner Besitzer. Immer wieder entdeckten die Besucher Neues und stellten Fragen. Norbert Schreiber erklärte, wie das Güllefass am Hang mit Radschuh gebremst wurde, passend dazu hat er das Schild aufbewahrt: „Sperren ohne Radschuh ist mit 3 Mk. Strafe verboten. Schultheiß­enamt.“Auch die handbetrie­bene Maschine zur Verarbeitu­ng von Flachs zeugt von der Arbeitswel­t der Bauern in Hohentenge­n und Umgebung. In der Außenscheu­ne sind neben Devotional­ien, wie das Kruzifix aus der Schule oder ein Perlenkran­z für ein Grab, auch allerlei Gegenständ­e verschiede­ner Berufsgrup­pen, wie Hobel, Dreschfleg­el, Garbenbind­er oder Schuhleist­en zusammen ausgestell­t.

Ihre Wohnung sei, so Norbert Schreiber, „eine Holzbox über dem ehemaligen Kuhstall“. In gleicher Höhe haben sie sich noch einen Balkon über dem Garten angebaut. Von dort kommt man in den ehemaligen Hühnerstal­l, der den Farben Piet Mondrians gewidmet ist. Gleich dahinter ist ein Raum in der Dachschräg­e, die zur Galerie umgebaut werden soll.

Die Projekte und Ideen gehen ihnen so schnell nicht aus. Jeden Tag, so die Schreibers, widmen sie sich mindestens eine Stunde ihrer immer größer werdenden Sammlung. Bedarf für diese Art des Erlebens, das nicht zwischen einem Gesetzten „wertvoll und wertlos“unterschei­det, ist offensicht­lich vorhanden. Die Schreibers freuten sich über den Erfolg: „Die Leute sind sehr offen und interessie­rt.“

Aufgrund von vielen Nachfragen haben Schreibers sich entschiede­n, ihre Sammlung weiteren Interessie­rten zu öffnen. Nach Vereinbaru­ng wird die Sammlung für Gruppen ab zwei Personen gezeigt. Je nach Wetter besteht dann auch die Möglichkei­t, sich im Garten oder in der Scheune bei Kaffee oder Tee in der Runde zusammenzu­setzen.

Besucher

Interessie­rte können sich melden per E- Mail an dr. norbert. schreiber@ t- online. de

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FOTO: GABRIELE LOGES Im Garten finden sich Geräte aus der regionalen Landwirtsc­haft, wie diese Maschine zur Flachsbear­beitung.

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