Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bezirkskantor liest Frau „Reineke Fuchs“die Leviten
Fasnet der Seelsorgeeinheit Sigmaringen: Weibliche Bischofskonferenz und ein Knabenchor
SIGMARINGEN - Buntes Getier aller Gattungen, ob Wild-, Haus- oder Kriechtiere haben am Samstagabend das Gemeindehaus St. Fidelis geentert, um auf Einladung des Pfarrgemeinderates einen vergnüglichen Abend in der Arche Noah zu erleben. Noah alias Martin Metzger und Regenbogen Anja Sauter, die Vorsitzenden des Gemeindeteams, begrüßten die Narren, die „vom Schmeiedorf bis ins ferne Hochberg naus“grüppchenweise nach Gemeindezugehörigkeit an einem Tisch zusammengefunden hatten.
Der umformulierte Text des ersten Liedes nach der Melodie „Auf der schwäbsche Eisebahna“, den die Pfarrgemeinderatsmitglieder auf der Bühne anstimmten, wies auf die wesentlichen Ereignisse des vergangenen Jahres hin. Sie sangen von wandernden Pfarrern, die erst zum Glockenschlag kommen, vom Ekkehard (Pfarrer Baumgartner), der immer neue Ideen hat, vom schlauen Liviu (Kooperator Jitianu), der schneidig wie ein Messer sei und von Bezirkskantor Bruno Hamm, der auch noch einen „Buaba-Chor“gründen wolle.
Mit einer gelungenen Tanzeinlage zogen zwölf junge Frauen der „Undercover Group“die Aufmerksamkeit auf sich. Was es in und um die Gorheimer Kirche zu berichten gab, darüber wusste Silvia Failer als wunderbar geschminkte „Gorheimer Katze“bestens Bescheid, und sie teilte ihr Insiderwissen gerne mit ihren Zuhörern. Immer mal wieder ihre Klauen ausfahrend erzählte sie von einer zu Tode gekommenen Kirchenmaus, von internationalen Gottesdiensten, die an Taizé erinnern und für ein volles Haus sorgten und von einer Sonntagsmesse, die nicht gehalten werde konnte, weil der Pfarrer die Sommer- mit der Winterzeit verwechselt hatte.
Einen herzerfrischenden Anblick boten danach die acht Minis von St. Fidelis, die als Großkatzen, Bären, Löwen und Elefanten nach der Choreografie von Amelie Chevalier ein wunderbares Potpourri bekannter Musicalmelodien tänzerisch umsetzten, was vom Publikum mit großem Applaus und dem Ruf nach einer Zugabe honoriert wurde. Vor der Pause sammelte Bettelmönch Armin Wolff mit seinem kleinen Exkurs in die Reformationsgeschichte die Zuhörer wieder und beklagte zum Schluss die „Fehlenden“in der Kirche. „Es fehlen die Pfarrer, die Mittleren und die Jungen und die Rosenkranzbeter, die fehlen am laufenden Meter.“
„Ich bin’s, der Erzbischof“
Anstelle des erkrankten Pastoralreferenten Hermann Brodmann betraten die Kirchturmspatzen von St. Fidelis die Bühne. Alexandra Chevalier und Andrea Huthmacher plapperten vom technischen Fortschritt, der auch in St. Johann Einzug gehalten habe Der jüngste erzbischöfliche Hirtenbrief wurde den Gläubigen nicht vom Pfarrer vorgelesen, sondern ertönte per Videoübertragung aus dem Off: „Ich bin’s, der Stephan, euer Erzbischof.“
Welch enormes Tempo die Seelsorgeeinheit ihrem Pfarrer Baumgartner abverlange, zeigte sich vor zwei Wochen in St. Johann, als dieser vor Gottesdienstende seinen Posten räumte und Pfarrer Gluitz mit der Beendigung der Messe beauftragte, wollte er doch rechtzeitig vor den Binger Altar treten.
Wie die Amtskirche aussehen würde, hätte man die Bibel etwas anders verstanden, bewies die anschließende Bischöfinnen-Konferenz. Dieser humoristische Disput über eine zukünftige Gleichberechtigung von Männern in der Kirche trugen die sechs Frauen der KfD Sigmaringendorf zur großen Erheiterung des Publikums vor.
Das Triumvirat aus Pfarrer Baumgartner, Diakon Knubben und Bezirkskantor Hamm wetterte lauthals im Stile Johnny Cashs gegen rechte Tendenzen in der Gesellschaft. Nahezu herzerwärmend besangen die drei Barden Moni Müller, die gute Seele im Pfarrhaus. In andächtiger Pose nahm „das kleine Schwarzwaldmädel“mit leicht geneigtem Kopf die Huldigung entgegen.
Für einen letzten Kracher sorgte Bezirkskantor Bruno Hamm. Seinen Beitrag, die feminisierte Fassung des Kinderliedes „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, widmete er der Frau „Reineke Fuchs“, die es mit ihrer Kritik bezüglich eines Knabenchors schaffte, dass der Kantor und sein Projekt zweimal die erste Sigmaringer Seite der SZ besetzte. Zum Schluss hämmerte der Organist frei nach Robbie Williams am Klavier das Kinderlied herunter, was die Zuhörer mit nicht enden wollendem Beifall honorierten.
Wen es nach diesem prall gefüllten, rund vierstündigen Programm nach Bewegung verlangte, konnte sich nun endlich bei Livemusik von „Richie und Mongo“abreagieren.