Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Katalonien
Vizechef der Regionalregierung Oriol Junqueras in U-Haft
MADRID - Unter schweren Sicherheitsvorkehrungen begann am Donnerstag in der spanischen Hauptstadt Madrid die gerichtliche Anhörung der Mitglieder der abgesetzten katalanischen Separatistenregierung. Von den insgesamt 14 Beschuldigten der früheren Regionalregierung erschienen nur neun vor dem Nationalen Gerichtshof. Der rebellische Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont und vier seiner Minister hatten sich Anfang der Woche nach Belgien abgesetzt. Die Staatsanwaltschaft beantragte, gegen die fünf flüchtigen Politiker internationale Haftbefehle auszustellen.
Da die Untersuchungsrichterin Carmen Lamela auch bei jenen Separatisten, die am Donnerstag vor Gericht erschienen, erhebliche Fluchtgefahr sah, ordnete sie für alle Untersuchungshaft an. Unter den Beschuldigten befinden sich einige der bisher einflussreichsten katalanischen Politiker: Vize-Ministerpräsident Oriol Junqueras, Ex-Innenminister Joaquim Forn und der frühere katalanische Außenminister Raül Romeva.
In ihrem Ermittlungsbericht wirft Lamela den Separatisten vor, für eine Rebellion gegen den spanischen Staat verantwortlich zu sein. Sie hätten versucht, gegen die spanische Verfassung und gegen einschlägige Gerichtsverbote die Unabhängigkeit der spanischen Region Katalonien zu erzwingen. Zu diesem Zweck sei am 1. Oktober ein illegales Referendum organisiert und am 27. Oktober eine verfassungsfeindliche Unabhängigkeitserklärung verabschiedet worden. Das Delikt der Rebellion kann mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft werden.
Nur bei einem der Beschuldigten gab sich Lamela großzügiger: Der ehemalige katalanische Minister für Wissenschaft und Wirtschaftsförderung, Santi Vila, kann die U-Haft vermeiden, wenn er 50 000 Euro Kaution hinterlegt. Vila hatte sich von dem illegalen Unabhängigkeitsprozess distanziert.
Während die katalanischen ExMinister am Donnerstagmorgen vor Gericht antraten, saß ihr Chef Puigdemont in Brüssel im Kaffeehaus „Karsmakers“. Dort entdeckte ihn, nicht weit vom Europäischen Parlament entfernt, ein Reporter des spanischen Rundfunks. Der Journalist zückte sein Handy und schoss ein Foto von Puigdemont.