Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die überforderten Menschen in ihren fahrenden Kisten
Autofahren könnte so schön sein, wenn die Vehikel nicht ausgerechnet von Menschen gesteuert würden. An der Universität Ulm erforscht Martin Baumann die Psychologie des Autofahrens. Der Professor kommt zu dem Schluss: „Aus psychologischer Perspektive ist Autofahren harte Arbeit.“Der Fahrer müsse zahlreiche Informationen gleichzeitig verarbeiten, ein mentales Bild der Situation aufbauen und in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen.
Klar ist da der Otto-Normal-Fahrer überfordert – insbesondere, wenn er mit dem Fleischkäswecken in der rechten Hand es noch irgendwie mit der linken bewerkstelligen muss, seine Zigarette in Brand zu stecken. Im Feierabendverkehr sehnt sich der wackere Automobilist vor diesem Hintergrund natürlich nach Fahrer-Assistenzsystemen.
Weshalb es auf unseren Straßen immer rauer zugeht, hat natürlich noch einen anderen Grund, den wir unbelastet von wissenschaftlichen Beweisen im Alltag beobachten: Die Klimaanlagen sind schuld. Früher war es im Sommer notwendig, die Fenster herunterzukurbeln. Daher konnte man den Fahrstil anderer Verkehrsteilnehmer jederzeit direkt kommentieren oder auch ungefragt Ratschläge erteilen. Durch diesen lebendigen Kontakt war grundsätzlich mehr Rücksichtnahme, weil stets damit zu rechnen war, dass ein verbal Angegriffener sich durchs offene Fenster handgreiflich in die Diskussion einbringt. Insofern wäre eine geeignete Sofortmaßnahme ohne teuren Fahrzeug-Assistenz-Schnickschnack, erstmal die Klimaanlagen zu verbieten. (nyf)