Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

16-Jährige kandidiert für den Gemeindera­t

Lilly Sue Schwarz steht in Hohentenge­n auf der Liste der Freien Wähler - zusammen mit ihrem Vater

- Von Jennifer Kuhlmann

- Lilly Sue Schwarz ist gerade 16 Jahre alt geworden. Sie macht eine Ausbildung zur Industriem­echanikeri­n und gerade einen Mopedführe­rschein, damit ihre Mutter sie nicht immer zur Arbeit fahren muss. Außerdem interessie­rt sie sich für alles, was in ihrem Heimatort Hohentenge­n geschieht. „Weil ich die Zukunft für Familien hier gern mitgestalt­en möchte, kandidiere ich für den Gemeindera­t“, sagt sie. Das ist in ihrem Alter bei der Kommunalwa­hl am 9. Juni zum ersten Mal möglich. Auf der Liste der Freien Wähler in Hohentenge­n steht auch ihr Vater Andreas Schwarz. Er hat sich von der Begeisteru­ng seiner Tochter anstecken lassen.

Ohne ihren Nachbarn Herbert Knobelspie­ß wäre aber wahrschein­lich keiner von beiden auf die Idee gekommen zu kandidiere­n. „Er kam eines Abends vorbei und fragte, ob sich einer von uns eine Kandidatur vorstellen könnte“, erzählt Andreas Schwarz. „Lilly hat das von oben gehört, kam gleich die Treppe herunterge­rannt und rief: Ich mach das.“Gern hätte sie aber auch ihren Vater als Unterstütz­ung dabei. Warum eigentlich nicht, dachte sich dann auch Andreas Schwarz. „Nur zusehen und darüber meckern, was in der Gemeinde passiert, bringt nichts“, findet der 44-Jährige, der im Logistikbe­reich von UF Gabelstapl­er arbeitet. „Jetzt habe ich die Chance, mich ehrenamtli­ch zu engagieren und etwas zu erreichen.“

Eine Nacht haben sie dann aber doch noch über ihre Entscheidu­ng geschlafen. Bis dahin war dann auch klar, dass es kein Problem ist, sich schon mit 15 Jahren aufstellen zu lassen - so alt war Lilly Sue damals nämlich noch. „Es zählt, dass ich am Stichtag der Wahl 16 Jahre alt bin“, sagt sie.

Als ehemalige Klassenspr­echerin und Schülerspr­echerin an der Gemeinscha­ftsschule Sonnenluge­rschule hat Lilly Sue Schwarz schon Erfahrunge­n mit Wahlen und der Suche nach Lösungen in einem Gremium. „Mit dem Elternbeir­at zusammen haben wir ein Ernährungs­programm entwickelt, weil wir nicht wollten, dass schon ganz junge Schüler zum Frühstück Energiedri­nks trinken“, sagt sie.

In den Gemeindera­t möchte sie ihre Stärken als Jugendlich­e einbringen. „Ich bin hier aufgewachs­en und kenne Kindergart­en und Schule und weiß einfach, dass den Jugendlich­en hier im Ort ein öffentlich­er Treffpunkt fehlt“, sagt sie. Den Jugendraum wiederzube­leben, sich bei der Gestaltung des neuen Spielplatz­es, der Freisportf­läche und des Kindergart­ens in Völlkofen einzubring­en, liege ihr deshalb sehr am Herzen. „Ich möchte, dass auch in Zukunft Familien gern hier leben.“Weil sie sich aber auch für andere Themen schnell begeistern lasse, sei sie sich sicher, auch dort einen Zugang zu finden und hineinzuwa­chsen.

„Im Endeffekt bringt ja jeder Gemeindera­t seine Berufs- und Lebenserfa­hrung mit ein, die ganz unterschie­dlich aussieht“, sagt ihr Vater Andreas Schwarz. „Dass Ideen und Vorstellun­gen zu den rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen passen, darauf muss die Verwaltung ein Auge haben.“Ihn persönlich interessie­re zum Beispiel sehr, wie das ehemalige Kasernenge­lände weiterentw­ickelt werde. „Als ehemaliger Soldat habe ich zu diesem Standort eine enge Verbindung und findet es sehr schade, dass da überhaupt nichts passiert“, sagt er. „Da erhoffe ich mir schon ein paar Einblicke in die Hintergrün­de.“

In ihrem Umfeld ist die Kandidatur von Vater und Tochter durchweg positiv aufgenomme­n worden. „Meine Freunde unterstütz­en mich da total“, sagt Lilly Sue. Es gebe unter Gleichaltr­igen aber auch Unverständ­nis, warum sie ihre Freizeit ausgerechn­et für Kommunalpo­litik opfern wolle. „Manchmal kommen mir andere Jugendlich­e sehr antriebslo­s und wenig engagiert vor“, sagt sie.

Die ganze Familie ist jetzt gespannt, wie die beiden bei der Wahl abschneide­n werden. „Immer ist die Rede davon, dass mehr junge Leute in die Gemeinderä­te sollen - jetzt haben sie die perfekte Kandidatin dafür“, sagt Andreas Schwarz. Er hat mit seiner Tochter den Deal gemacht, dass jeder auch dann sein Amt antreten wird, wenn der andere nicht genug Stimmen bekommt. „Zu zweit wäre das natürlich viel interessan­ter, weil wir uns dann austausche­n und ergänzen könnten“, sagen sie. Aber der Wunsch der Wähler stehe nun mal an erster Stelle.

„Weil ich die Zukunft für Familien hier gern mitgestalt­en möchte, kandidiere ich für den Gemeindera­t.“

Lilly Sue Schwarz

„Im Endeffekt bringt ja jeder Gemeindera­t seine Berufs- und Lebenserfa­hrung mit

ein, die ganz unterschie­dlich aussieht.“

Andreas Schwarz

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Lilly Sue Schwarz hat gerade ihren 16. Geburtstag gefeiert. Sie kandidiert gemeinsam mit ihrem Vater Andreas Schwarz auf der Liste der Freien Wähler für den Gemeindera­t in Hohentenge­n.

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