Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
16-Jährige kandidiert für den Gemeinderat
Lilly Sue Schwarz steht in Hohentengen auf der Liste der Freien Wähler - zusammen mit ihrem Vater
- Lilly Sue Schwarz ist gerade 16 Jahre alt geworden. Sie macht eine Ausbildung zur Industriemechanikerin und gerade einen Mopedführerschein, damit ihre Mutter sie nicht immer zur Arbeit fahren muss. Außerdem interessiert sie sich für alles, was in ihrem Heimatort Hohentengen geschieht. „Weil ich die Zukunft für Familien hier gern mitgestalten möchte, kandidiere ich für den Gemeinderat“, sagt sie. Das ist in ihrem Alter bei der Kommunalwahl am 9. Juni zum ersten Mal möglich. Auf der Liste der Freien Wähler in Hohentengen steht auch ihr Vater Andreas Schwarz. Er hat sich von der Begeisterung seiner Tochter anstecken lassen.
Ohne ihren Nachbarn Herbert Knobelspieß wäre aber wahrscheinlich keiner von beiden auf die Idee gekommen zu kandidieren. „Er kam eines Abends vorbei und fragte, ob sich einer von uns eine Kandidatur vorstellen könnte“, erzählt Andreas Schwarz. „Lilly hat das von oben gehört, kam gleich die Treppe heruntergerannt und rief: Ich mach das.“Gern hätte sie aber auch ihren Vater als Unterstützung dabei. Warum eigentlich nicht, dachte sich dann auch Andreas Schwarz. „Nur zusehen und darüber meckern, was in der Gemeinde passiert, bringt nichts“, findet der 44-Jährige, der im Logistikbereich von UF Gabelstapler arbeitet. „Jetzt habe ich die Chance, mich ehrenamtlich zu engagieren und etwas zu erreichen.“
Eine Nacht haben sie dann aber doch noch über ihre Entscheidung geschlafen. Bis dahin war dann auch klar, dass es kein Problem ist, sich schon mit 15 Jahren aufstellen zu lassen - so alt war Lilly Sue damals nämlich noch. „Es zählt, dass ich am Stichtag der Wahl 16 Jahre alt bin“, sagt sie.
Als ehemalige Klassensprecherin und Schülersprecherin an der Gemeinschaftsschule Sonnenlugerschule hat Lilly Sue Schwarz schon Erfahrungen mit Wahlen und der Suche nach Lösungen in einem Gremium. „Mit dem Elternbeirat zusammen haben wir ein Ernährungsprogramm entwickelt, weil wir nicht wollten, dass schon ganz junge Schüler zum Frühstück Energiedrinks trinken“, sagt sie.
In den Gemeinderat möchte sie ihre Stärken als Jugendliche einbringen. „Ich bin hier aufgewachsen und kenne Kindergarten und Schule und weiß einfach, dass den Jugendlichen hier im Ort ein öffentlicher Treffpunkt fehlt“, sagt sie. Den Jugendraum wiederzubeleben, sich bei der Gestaltung des neuen Spielplatzes, der Freisportfläche und des Kindergartens in Völlkofen einzubringen, liege ihr deshalb sehr am Herzen. „Ich möchte, dass auch in Zukunft Familien gern hier leben.“Weil sie sich aber auch für andere Themen schnell begeistern lasse, sei sie sich sicher, auch dort einen Zugang zu finden und hineinzuwachsen.
„Im Endeffekt bringt ja jeder Gemeinderat seine Berufs- und Lebenserfahrung mit ein, die ganz unterschiedlich aussieht“, sagt ihr Vater Andreas Schwarz. „Dass Ideen und Vorstellungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen passen, darauf muss die Verwaltung ein Auge haben.“Ihn persönlich interessiere zum Beispiel sehr, wie das ehemalige Kasernengelände weiterentwickelt werde. „Als ehemaliger Soldat habe ich zu diesem Standort eine enge Verbindung und findet es sehr schade, dass da überhaupt nichts passiert“, sagt er. „Da erhoffe ich mir schon ein paar Einblicke in die Hintergründe.“
In ihrem Umfeld ist die Kandidatur von Vater und Tochter durchweg positiv aufgenommen worden. „Meine Freunde unterstützen mich da total“, sagt Lilly Sue. Es gebe unter Gleichaltrigen aber auch Unverständnis, warum sie ihre Freizeit ausgerechnet für Kommunalpolitik opfern wolle. „Manchmal kommen mir andere Jugendliche sehr antriebslos und wenig engagiert vor“, sagt sie.
Die ganze Familie ist jetzt gespannt, wie die beiden bei der Wahl abschneiden werden. „Immer ist die Rede davon, dass mehr junge Leute in die Gemeinderäte sollen - jetzt haben sie die perfekte Kandidatin dafür“, sagt Andreas Schwarz. Er hat mit seiner Tochter den Deal gemacht, dass jeder auch dann sein Amt antreten wird, wenn der andere nicht genug Stimmen bekommt. „Zu zweit wäre das natürlich viel interessanter, weil wir uns dann austauschen und ergänzen könnten“, sagen sie. Aber der Wunsch der Wähler stehe nun mal an erster Stelle.
„Weil ich die Zukunft für Familien hier gern mitgestalten möchte, kandidiere ich für den Gemeinderat.“
Lilly Sue Schwarz
„Im Endeffekt bringt ja jeder Gemeinderat seine Berufs- und Lebenserfahrung mit
ein, die ganz unterschiedlich aussieht.“
Andreas Schwarz