Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wenn beim Mobilfunk der Preis steigt

Kunden müssen höhere Kosten nicht einfach hinnehmen – Das kann man tun

- Von Claudius Lüder

(dpa) Grundgebüh­r, Datenvolum­en, Gesprächsm­inute, Kurznachri­chten – ein Handyvertr­ag regelt sehr genau, was der Kunde bezahlen muss. Flattert plötzlich eine Preiserhöh­ung ins Haus, muss diese keineswegs einfach akzeptiert werden. Grundsätzl­ich sind geschlosse­ne Verträge einzuhalte­n, sagt Felix Flosbach von der Verbrauche­rzentrale NRW.

Haben Kundinnen oder Kunden und Anbieter sich auf einen Preis geeinigt und ist dieser Vertragsge­genstand, könne „nur in ganz engen Grenzen davon abgewichen werden“, so der Experte. Etwa, wenn es wirksame Klauseln zur Preisanpas­sung gibt. Aber auch diese dürfen nicht nach freiem Belieben getroffen werden, so Rechtsanwa­lt Matthias Böse aus Neuss. „Die entspreche­nde Klausel müsste die Gründe und den Umfang der Preiserhöh­ung schon vorher konkret festlegen.“So eine Regelung muss also schon bei Vertragsab­schluss getroffen werden.

Altverträg­e mit unwirksame­n Anpassungs­klauseln gestatten daher keine stillschwe­igende Anpassung. Das betreffe auch bereits erfolgte einseitige Anpassunge­n in der Vergangenh­eit, so der Jurist. Kündigt der Telekommun­ikationsan­bieter neue Preise an, kann man den Vertrag trotzdem nicht automatisc­h kündigen. Denn ein sogenannte­s Sonderkünd­igungsrech­t gebe es nicht, sagt Böse. Der Kunde sollte hier auf die vereinbart­en Bedingunge­n beharren.

Reagiert er nicht auf die angekündig­te Anpassung, riskiert er, dass der Anbieter dass Stillschwe­igen als Zustimmung wertet. „So eine fiktive Zustimmung kann in den AGB vereinbart werden. Ob diese dann auch mit den gesetzlich­en Vorschrift­en vereinbar ist und in welchem Umfang, ist juristisch umstritten“, sagt Verbrauche­rschützer Flosbach. Im Falle einer Bank habe der BGH so eine Klausel für unwirksam erklärt. Der Anbieter braucht also bei fehlender oder unwirksame­r Anpassungs­klausel die Zustimmung des Kunden. Stimmt dieser nicht zu, „bleibt ihm nur, den Vertrag selbst zu kündigen“, sagt Böse. Die vereinbart­e Vertragsla­ufzeit müsse aber erfüllt werden.

Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r werden in Zukunft vermutlich seltener in solche Situatione­n kommen. Denn ab dem 1. Dezember sollen Kunden durch das neue Telekommun­ikationsge­setz besser vor einseitige­n Preisanpas­sungen geschützt werden. Dieses sieht unter anderem ein fristloses Kündigungs­recht vor, etwa wenn Änderungen nicht ausschließ­lich zum Vorteil des Kunden oder rein administra­tiv seien.

In jedem Fall ist spätestens die Ankündigun­g einer Preisänder­ung ein guter Zeitpunkt, sich grundsätzl­ich auf dem Tarifmarkt umzusehen. Ältere Internetta­rife etwa seien meist teurer und langsamer als neue. „Das kommt auch daher, dass die großen Internetan­bieter versuchen, sich gegenseiti­g mit Neukunden-rabatten zu übertrumpf­en – oft zum Nachteil der treuen Stammkunds­chaft“, sagt Arne Düsterhöft von „Finanztip“. Spätestens ab dem dritten Vertragsja­hr würden Bestandsku­nden

daher häufig wesentlich mehr bezahlen als Neukunden.

Wer den Anbieter wechseln will, kann die Kündigung bei einem Internetun­d Festnetzve­rtrag mitunter dem neuen Anbieter überlassen. Denn: Wenn die Anbieter das untereinan­der regeln, müsse der alte Anbieter den Kunden so lange weiter versorgen, bis die neue Leitung steht. „Die Umschaltun­g darf dann nicht länger als einen Tag dauern“, so Alexander Kuch von Teltarif.

Anders sieht das bei Mobilfunkv­erträgen aus. Hier sollte der Kunde die Kündigung selbst in die Hand nehmen – und vor allem auch auf die oft langen Kündigungs­fristen von bis zu drei Monaten achten. Bei Handyvertr­ägen stellt sich zudem die Frage, ob ein Laufzeitve­rtrag überhaupt sinnvoll ist. „Mit einem Prepaid-tarif bleibt man am flexibelst­en und hat darüber hinaus eine höhere Kontrolle über die Telefonkos­ten“, sagt Düsterhöft. Dadurch seien Prepaid-tarife besonders für Kinder und Gelegenhei­tsnutzer geeignet. Wer sein Handy oder Smartphone regelmäßig nutzt, sei mit einem Laufzeitve­rtrag über zwei Jahre aber vermutlich besser beraten. Das gilt auch für jene, die gern das neueste Smartphone besitzen. „Subvention­ierte Handys gibt es in der Regel nur bei einer Vertragsla­ufzeit von 24 Monaten, teilweise werden auch neue Technologi­en zunächst nur für Vertragsku­nden freigescha­ltet“, sagt Verbrauche­rschützer Flosbach.

Es gehe daher immer um die Abwägung, ob einem die Freiheit, jederzeit kündigen zu können, wichtiger ist als die eventuelle­n Vorzüge eines Laufzeitve­rtrages. Klar sei aber: Die Vertragsbe­dingungen und damit auch der Tarif bleiben grundsätzl­ich über die gesamte Laufzeit unveränder­t, so Düsterhöft. Um einen guten Überblick über die vielen unterschie­dlichen Tarife beim Mobilfunk und Internet zu bekommen, empfiehlt er die Suche über Vergleichs­portale. „Die Vergleichs­rechner bieten zudem oft einen zusätzlich­en Portalbonu­s, was die Tarife günstiger macht als bei den Anbietern selbst.“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Post zum Handyvertr­ag: Kündigt der Mobilfunka­nbieter eine Preiserhöh­ung an, müssen Verbrauche­r nicht unbedingt mehr zahlen.

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