Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Graffity-kunst weckt die Neugierde der Passanten
Geschichte trifft auf Moderne – Ein Fachwerkhaus in Bad Saulgau wird saniert
- Eine eher ungewöhnliche Baustelle findet sich aktuell mitten in der Bad Saulgauer Fußgängerzone. Das Fachwerkhaus in der Hauptstraße 53, in dem zuletzt ein Nagelstudio untergebracht war, wird von der Firma Reisch aufwendig saniert. Bevor im nächsten Jahr unter anderem Elke Rieger mit ihrem Feinkostgeschäft einziehen wird, bekommen die Passanten während der Umbauphase einen tiefen Einblick in die Historie des Hauses. Und das auf erfrischend andere Weise.
Nicht nur Schuster und Sattler sind in dem Haus ihrem geliebten Handwerk nachgegangen. Auch Schneider und Metzger hatten hier ihre Wirkstätte. Daniel Schuster, als Street-artkünstler unter dem Namen Daschu weltweit unterwegs, kennt die Geschichte ziemlich gut. Muss er auch, schließlich ist er seit einigen Tagen dabei, diese auf einer langen Holzwand direkt vor der Baustelle bildhaft darzustellen. Allerdings nicht mit Pinsel und Farbeimern, sondern mit unzähligen Spraydosen. Mit seinen Graffity-kunstwerken hat er sich längst einen Namen gemacht. Passanten bleiben neugierig stehen. Dabei kommt ziemlich häufig ein anerkennendes „wow“über deren Lippen. Ein Schuster bei der Arbeit ist bereits großformatig zu sehen. Und rechts und links davon? Das wird sich die nächsten Tage zeigen. „Da wird schon ziemlich rumgerätselt bei den Leuten“, sagt der
Künstler gut gelaunt.
Der 30-Jährige aus Biberach liebt es, mitten unter den Menschen zu arbeiten, im öffentlichen Raum künstlerisch aktiv zu sein und in Kontakt zu treten. Das Zeichnen und Malen hat er schon als Kind geliebt. Später begeisterte er sich für Hip-hop-musik. Irgendwann hat er die bunten Spraydosen für sich entdeckt – und war fasziniert, was man damit so alles machen kann, wie sich besonders großformatige Flächen erarbeiten und gestalten lassen. Schuster hat an der PH Ludwigsburg sein Kunst-studium absolviert, übernimmt schwerpunktmäßig öffentliche Auftragsarbeiten und gibt hin und wieder auch Workshops an Schulen und anderen Einrichtungen. In Biberach hat Daschu unter anderem das erste Wimmelbild vom Biberacher Schützenfest angefertigt – komplett digital auf dem ipad. Ein ganzes Wimmelbuch über die Stadt entsteht bereits. Das Kunstwerk wird, wenn das Wetter mitmacht, am kommenden Wochenende fertiggestellt sein. Bis dahin haben die Passanten die Gelegenheit, die einzelnen Schritte genau zu verfolgen. Und sich so auf visuelle Weise mit der Historie des Hauses auseinanderzusetzen. Ergänzt wird das Ganze mit einer Infotafel, auf der die jeweiligen Jahreszahlen und Eigentümer aufgelistet sind.
Im Innern des Hauses geht es nicht weniger rührig zu. Das Haus wurde aufwendig entkernt, massive Balken, die teils aus dem 15. Jahrhundert stammen, wurden freigelegt und sollen sichtbar bleiben. „Uns faszinierten vor allem auch die Menschen, die im Haus lebten und arbeiteten“, sagt Anja Jelly von der initiierenden Ravensburger Grafik- und Design-agentur Zone. Nicht zuletzt will das Zone-team „ganz viel Vorfreude wecken auf das, was hier entsteht“.