Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Löws gefühlte Turnierwoche
28 Mann für drei Spiele in sieben Tagen – so die Formel des Bundestrainers für die Power-Woche der Nationalelf
KÖLN (dpa) - Im Kölner Nieselregen huschte Joachim Löw nach einem vorbildlich mit Maske und CoronaAbstand aufgenommenen HandyFoto für einen Fan ins Teamhotel und startete in eine seltsame Arbeitswoche. Mit der ersten Abordnung seines XXL-Kaders ohne den erkälteten Timo Werner und acht weitere Nachzügler um den erst später anreisenden Bayern-Block muss der Bundestrainer mit der Nationalmannschaft eine Mission der besonderen Art bewältigen. „Wir haben drei Spiele innerhalb von sieben Tagen, das ist schon anspruchsvoll und erinnert mich an ein Turnier“, erklärte Löw. Türkei, Ukraine, Schweiz heißen die Prüfungen – und das unter den Erschwernissen der Corona-Pandemie, speziell mit der Auswärtsreise ins Risikogebiet nach Kiew.
DFB-Direktor Oliver Bierhoff sieht alle Beteiligten vor besonderen Herausforderungen. „Wir wollen sie meistern und erfolgreich meistern. Wir wollen auf der Länderspielreise erfolgreich Fußball spielen, guten Fußball spielen und als Mannschaft zusammenfinden“, sagte der 52-Jährige beim Treffpunkt von zunächst 19 Akteuren. Der erkrankte ChelseaStürmer Werner soll zeitnah nachkommen, ist für den ersten Akt gegen die Türkei aber ein Streichkandidat.
Bierhoff und Löws Assistent Marcus Sorg stellten sich am ersten Tag der Aufgabe, den Wert des Länderspiel-Dreiakters zu erläutern und zu verteidigen. Das zusätzliche Testspiel am Mittwoch (20.45 Uhr/RTL) gegen die Türkei behagt Löw nicht.
Er hätte lieber trainiert und Kräfte gespart. Die Partie ist aber für den DFB finanziell wichtig. Der Verband muss auch seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der UEFA (40 Länderspiele in vier Jahren) nachkommen. „Man muss ehrlich sein, das Türkei-Spiel hat nicht die Wertigkeit der Nations League“, gestand Bierhoff. Er sprach von „Kopfzerbrechen für die Trainer“, wie sie die Belastung sinnvollst aufteilten.
Löw reagierte mit einem Mammutkader. 28 Mann für drei Spiele in sieben Tagen lautet seine Formel nach der Absage des verletzten Schalkers Suat Serdar. Die belasteten Münchner Manuel Neuer, Niklas Süle, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Serge Gnabry, die Leipziger Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann sowie der angeschlagene Toni Kroos stoßen am Dienstag zum Team und werden gegen die Türken nicht eingesetzt. „Drei Spiele in kurzer Folge sind unsinnig“, bemerkte Bierhoff zu Löws Einsatzplanung.
Corona, Corona, Corona – das verflixte Virus diktiert auch den zweiten Länderspielzyklus des Jahres. „Es ist immer ein Flug auf Sichtweite“, stöhnte Bierhoff. Im Kölner Hotel lebt der DFB-Tross in einem abgeriegelten Raum auf zwei Etagen. Der Aufenthalt begann für alle mit Testungen. Der Kurztrip nach Kiew an diesem Freitag wird in einer total abgeschotteten Team-Blase erfolgen. „Die Verantwortung gegenüber den Vereinen ist uns sehr wichtig“, erklärte Bierhoff.
„Drei Spiele in kurzer Folge sind unsinnig.“
Oliver Bierhoff