Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der König ist da
Die schwarz-weiße Cristiano-Ronaldo-Show bei Juventus beginnt
TURIN (SID/dpa) - Um 18.32 Uhr hielt der neue König von Turin endlich Hof: Cristiano Ronaldo nahm im Blitzlichtgewitter mehrerer Hundert Fotografen im schmucken AgnelliSaal im Juventus-Stadion Platz und revanchierte sich gleich für die gewaltige Aufmerksamkeit, die ihm als fünfmaligem Weltfußballer in seiner neuen Heimat zuteil wurde: Portugals Europameister griff zu seinem Smartphone und fotografierte die riesige vor ihm versammelte internationale Journalistenschar.
„Ich bin überhaupt nicht traurig, dass ich Real verlassen habe. Ich hatte dort eine fantastische Karriere. Aber jetzt beginnt eine neue Etappe in meinem Leben. [...] Turin ist kein Rückschritt für mich“, beteuerte CR7 auf mehrfache Nachfragen: „Ein großer Verein, ein großer Trainer, ein großartiger Präsident – das war in Summe eine ganz einfache Entscheidung für mich.“Einmal kam er aus dem Lachen fast nicht heraus. Ob Juventus Offerte die einzige gewesen sei? „Ja, es war die einzige“, sagte er mit sehr breitem Grinsen.
Sein glamouröser Wechsel zur „Alten Dame“, der Ronaldo in vier Jahren um 124 Millionen Euro reicher machen wird, sei ein „wichtiger Schritt in meiner Karriere“. Ronaldo ließ durchblicken: Während andere Stars mit 33 („Das Alter zählt nicht. Ich fühle mich gut, ich bin elektrisiert.“) nach Katar, China oder in die USA wechseln, will er es noch einmal wissen. „Ich bin nicht hier hergekommen, um Urlaub zu machen“, so Ronaldo. „Ich bin hier, um die Vereinsgeschichte zu prägen.“Ins Training werde er am 30. Juli einsteigen.
Die von mehreren Tausend Tifosi vor dem Stadion verfolgte Zeremonie war der erste Höhepunkt der Ronaldo-Ära im Piemont. Nicht entlocken ließ sich der Star allerdings, was seine neuen Fans hören wollten. Die Champions League zu gewinnen, sei „natürlich ein Ziel, aber das wird sehr schwer werden“, sagte Ronaldo. Mit Real Madrid hatte er die Königsklasse viermal, mit Manchester United einmal gewonnen.
Tagelang hatten die Fans seiner Ankunft entgegengefiebert. „Turin wird bald seinen Messias umarmen“, formulierte die „Gazzetta dello Sport“. Schon in den Morgenstunden waren die Fans zum medizinischen Institut gepilgert, um den Weltfußballer beim Gang zur sportärztlichen Untersuchung zu feiern zu können.
„Bring uns die Champions League“, riefen die Anhänger ihrem neuen Liebling zu, während Ronaldo wieder freundlich lächelnd fleißig Autogramme schrieb. Später veröffentlichte Juve Bilder, auf denen Ro- naldo lächelnd und mit Elektroden auf dem Oberkörper ein BelastungsEKG auf dem Laufband absolviert.
Für die Sicherheitskräfte stellte der erwartete „Ronaldo-Hype“eine enorme Herausforderung dar. Die „Gazzetta“verglich den Aufwand der Polizei für Ronaldos ersten Auftritt bei seinem neuen Arbeitgeber mit „Sicherheitsvorkehrungen wie beim Besuch eines Staatschefs“.
Neue Dimension der Vermarktung
Kaum weniger Bedeutung dürfte Ronaldo künftig für Juventus haben. Sportlich soll er dem Traditionsclub nach zuletzt sieben Meistertiteln in Serie vor allem den Traum vom ersten Champions-League-Triumph seit 1996 erfüllen. Finanziell hoffen Agnelli sowie seine Vorstandskollegen auf eine Refinanzierung des insgesamt 350 Millionen Euro teuren Deals durch neue Sponsoren, mehr Zuschauer und eine für Italien neue Dimension der Vermarktung. Das Kalkül könnte aufgehen: Juve-Trikots mit Ronaldos Namen und seiner Rückennummer „7“waren in der vorigen Woche schon kurz nach Bekanntgabe des Sensationstransfers ausverkauft.
Und auch der letzte kleine Wermutstropfen ging so aus, wie es sich wohl selbst der Agnelli-Clan nicht erträumt hätte. Dem Proteststreik von Fiat-Arbeitern in Melfi gegen den Millionen-Transfer und für bessere Löhne folgten in der Frühschicht nur fünf von 1700 Arbeitern.