Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Blick für den Moment
Roland Rasemann zeigt einen „Querschnitt“seiner Pressefotos in Bad Waldsee
BAD WALDSEE - Zur Eröffnung der Ausstellung „Querschnitt“mit Pressefotos von Roland Rasemann hat sich das Kornhaus in Bad Waldsee zur Gänze gefüllt. Familie, Freunde, langjährige Wegbegleiter und unzählige Bekannte sowie örtliche Prominenz begrüßten den bekannten Fotografen, der den befreundeten Saxofonisten Christian Segmehl für die musikalische Untermalung eingeladen hatte.
Mit einer ersten Improvisation brachte Segmehl das Stimmengewirr zum Versiegen. Der langjährige Kulturjournalist und Kulturchef Rolf Waldvogel führte in die Ausstellung ein. Er begann mit der Erinnerung an den im August 2017 verstorbenen Bad Waldseer Rupert Leser (1962 bis 1997 Fotoreporter bei der „Schwäbischen Zeitung“), bei dem Roland Rasemann die Pressefotografie gelernt hatte.
1953 im brandenburgischen Finsterwalde geboren, kommt Roland Rasemann Mitte der 1960er-Jahre ins Allgäu und macht zunächst eine Fotografenlehre in einem Leutkircher Fotogeschäft. Als er 1972 eine Anzeige in der SZ liest, in der eine „Laborantin“gesucht wird, bewirbt er sich ganz einfach – und der damals schon sehr bekannte Fotograf Rupert Leser nimmt ihn als Assistenten an. Oberste Regel bei Leser, dem so begabten wie bescheidenen Handwerker, ist „Schaffe muescht du!“und die allgemeine Anweisung „Ma sott noo ...“ein freundlicher Befehl. Schon 1974 erhält Rasemann einen Redakteursvertrag und beginnt als Fotograf für die Regionalzeitung mit überregionalem Teil eine Allrounder-Aufgabe, die ihn am Ort hält und doch überall hinschickt.
Im Lauf der Zeit
Was waren sie alle jung damals – Angela Merkel, Wladimir Putin, Edmund Stoiber und Helmut Schmidt – auf den Porträtfotos von Roland Rasemann, die nur einen Teil seines umfangreichen Spektrums ausmachen. Gern hätte man noch etwas mehr er- fahren zu den Entstehungsjahren, aber trotz mehrerer Tage intensiver Vorbereitung fielen vermutlich Auswahl und genaue Beschriftung schwer. Rolf Waldvogel machte sich die Mühe, die sieben Themenbereiche zu beleuchten.
Frühe Schwarzweißbilder von „Act Up Paris“und einer Demonstration gegen die Stigmatisierung von Aids stehen neben Sportfotos, die außer dynamischen Blickfängern oft menschliche Momente am Rande des Sports zeigen – Momente der Einsamkeit, Verwandlung und Anonymisierung. Dann der Bereich der Kunst – Skulpturprojekte von Anthony Gormley, Tanzaufnahmen vom Bregenzer Frühling, Yehudi Menuhin oder Anne Sophie Mutter beim Geigenspiel oder ganz aktuell Porträts von Keith Richards und Mick Jagger beim Auftritt in Stuttgart.
Beim Nachrichtenbild dürfe der Fotograf „keine Hand anlegen“, zitiert Waldvogel den Fotografen, aber beim künstlerischen Bild sei eine genaue Bearbeitung statthaft. Die Ge- duld des Fotografen dürfte jedoch bei einem Foto wie der Überführung des Sargs des Fürsten Waldburg-Zeil mit einer von vier Rappen gezogenen Kutsche durch die vielen nötigen Schritte, um die Erlaubnis dafür zu erlangen, ziemlich strapaziert worden sein. Der Erfolg aber, so Waldvogel, wird an einer solchen herausragenden „Foto-Ikone“sichtbar. „Dieses Foto macht keiner, der nicht hier daheim ist“, schloss Waldvogel seine immer wieder tiefsinnige Laudatio.
Großer Applaus für diese Rückschau auf die vergangenen Jahrzehnte und die Arbeit der Presse. In seinen spontanen Dankesworten – „Ohne Rupert Leser wäre das alles nicht so geworden“– wehrte Roland Rasemann das viele Lob etwas ab und reichte es stattdessen weiter an seine Familie und an seine Frau.
Die Ausstellung kann bis zum 26. August, Freitag bis Sonntag von 13.30 bis 17.30 Uhr, besucht werden.