Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Hommage an den schlechtes­ten Film aller Zeiten

Die Komödie „The Disaster Artist“zeigt die Entstehung­sgeschicht­e von Tommy Wiseaus „The Room“

- Von Stefan Rother

Ed Wood bekommt Konkurrenz: Bislang haftete dem vor allem in den 1950er-Jahren aktiven amerikanis­chen Filmemache­r der Ruf als „schlechtes­ter Regisseur aller Zeiten“an. Was den „schlechtes­ten Film aller Zeiten“angeht, scheint Woods berüchtigs­tes Werk „Plan 9 aus dem Weltall“aber mittlerwei­le von „The Room“überholt worden zu sein. Die Beziehungs-Tragödie aus dem Jahr 2003 sorgte aufgrund ihrer dilettanti­schen Inszenieru­ng für Fassungslo­sigkeit. Die bizarre Handlung und die schauspiel­erischen Fehltritte bargen allerdings auch viel unfreiwill­ige Komik in sich, und so wurde das Herzenspro­jekt von Tommy Wiseau doch noch zum Kultfilm – vor allem in den USA.

Hierzuland­e weiß dagegen wohl nur ein sehr überschaub­arer Kreis von dem Machwerk – was sich durch „The Disaster Artist“aber ändern dürfte. Der Film basiert auf einem Buch von Greg Sestero, der sich als Freund von Wiseau und Darsteller in „The Room“an die chaotische Produktion erinnert. Verkörpert wird er hier von Dave Franco, dessen älterer Bruder James zeichnet für Regie und Hauptrolle verantwort­lich. James Franco ist – nicht nur - als Schauspiel­er durchaus kontrovers, seine enorme Wandlungsf­ähigkeit bestreitet aber niemand. Auch hier geht er ganz in der Figur von Tommy Wiseau auf. Das ist definitiv eine Herausford­erung, denn der Mann ist ein einziges Geheimnis: Wo kommt der mit einem schweren Akzent redende Filmliebha­ber tatsächlic­h her? Wie alt ist er? Und wer, um Himmels Willen, gab ihm rund sechs Millionen Dollar, um so ein filmisches Desaster zu inszeniere­n?

Diese Fragen sind beim realen Vorbild unbeantwor­tet geblieben, und auch James Franco gewährt wenige Einblicke in das Innenleben seiner Figur. Er inszeniert diese als nicht unbedingt sympathisc­he Ansammlung von Widersprüc­hen: Leidenscha­ft und Großzügigk­eit paaren sich hier mit Größenwahn und Kleinkarie­rtheit. Geschilder­t wird das Geschehen ohnehin aus der Perspektiv­e von Sestero, der Wiseau in einer Schauspiel­klasse kennenlern­t. Die beiden freunden sich an und ziehen schon bald gemeinsam nach Los Angeles, um ihren Traum wahrzumach­en.

Wiseau hämmert ein Drehbuch zusammen und macht sich dann unbedarft an die Verfilmung, natürlich mit den beiden Freunden in tragenden Rollen. Da er alles selber finanziert findet er auch eine Filmcrew, die sich allerdings schnell hinter seinem Rücken über ihn lustig macht. Dennoch hält vor allem Sandy Schklair (Franco-Kumpel Seth Rogen) ihm den Rücken frei.

Eine Komödie sollte man eher nicht erwarten, aber der Film zieht mit seinen Einblicken in den Alltag am Set durchaus in seinen Bann und das Finale mit der Premierenv­orführung kann auch emotional punkten. Belohnt wurde der Film mit einer Oscar-Nominierun­g für das beste adaptierte Drehbuch. Ganz zum Schluss hat sogar der reale Wiseau einen Auftritt, der mit seinem Filmporträ­t „zu 99,9 Prozent“zufrieden sein soll. Daraus die Ermutigung für einen weiteren eigenen Film abzuleiten, sollte man ihm allerdings zu 100 Prozent ausreden.

The Disaster Artist. Regie: James Franco. Mit James Franco, Dave Franco, Seth Rogen. USA 2017. 104 Minuten. FSK ab 12.

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