Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hommage an den schlechtesten Film aller Zeiten
Die Komödie „The Disaster Artist“zeigt die Entstehungsgeschichte von Tommy Wiseaus „The Room“
Ed Wood bekommt Konkurrenz: Bislang haftete dem vor allem in den 1950er-Jahren aktiven amerikanischen Filmemacher der Ruf als „schlechtester Regisseur aller Zeiten“an. Was den „schlechtesten Film aller Zeiten“angeht, scheint Woods berüchtigstes Werk „Plan 9 aus dem Weltall“aber mittlerweile von „The Room“überholt worden zu sein. Die Beziehungs-Tragödie aus dem Jahr 2003 sorgte aufgrund ihrer dilettantischen Inszenierung für Fassungslosigkeit. Die bizarre Handlung und die schauspielerischen Fehltritte bargen allerdings auch viel unfreiwillige Komik in sich, und so wurde das Herzensprojekt von Tommy Wiseau doch noch zum Kultfilm – vor allem in den USA.
Hierzulande weiß dagegen wohl nur ein sehr überschaubarer Kreis von dem Machwerk – was sich durch „The Disaster Artist“aber ändern dürfte. Der Film basiert auf einem Buch von Greg Sestero, der sich als Freund von Wiseau und Darsteller in „The Room“an die chaotische Produktion erinnert. Verkörpert wird er hier von Dave Franco, dessen älterer Bruder James zeichnet für Regie und Hauptrolle verantwortlich. James Franco ist – nicht nur - als Schauspieler durchaus kontrovers, seine enorme Wandlungsfähigkeit bestreitet aber niemand. Auch hier geht er ganz in der Figur von Tommy Wiseau auf. Das ist definitiv eine Herausforderung, denn der Mann ist ein einziges Geheimnis: Wo kommt der mit einem schweren Akzent redende Filmliebhaber tatsächlich her? Wie alt ist er? Und wer, um Himmels Willen, gab ihm rund sechs Millionen Dollar, um so ein filmisches Desaster zu inszenieren?
Diese Fragen sind beim realen Vorbild unbeantwortet geblieben, und auch James Franco gewährt wenige Einblicke in das Innenleben seiner Figur. Er inszeniert diese als nicht unbedingt sympathische Ansammlung von Widersprüchen: Leidenschaft und Großzügigkeit paaren sich hier mit Größenwahn und Kleinkariertheit. Geschildert wird das Geschehen ohnehin aus der Perspektive von Sestero, der Wiseau in einer Schauspielklasse kennenlernt. Die beiden freunden sich an und ziehen schon bald gemeinsam nach Los Angeles, um ihren Traum wahrzumachen.
Wiseau hämmert ein Drehbuch zusammen und macht sich dann unbedarft an die Verfilmung, natürlich mit den beiden Freunden in tragenden Rollen. Da er alles selber finanziert findet er auch eine Filmcrew, die sich allerdings schnell hinter seinem Rücken über ihn lustig macht. Dennoch hält vor allem Sandy Schklair (Franco-Kumpel Seth Rogen) ihm den Rücken frei.
Eine Komödie sollte man eher nicht erwarten, aber der Film zieht mit seinen Einblicken in den Alltag am Set durchaus in seinen Bann und das Finale mit der Premierenvorführung kann auch emotional punkten. Belohnt wurde der Film mit einer Oscar-Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch. Ganz zum Schluss hat sogar der reale Wiseau einen Auftritt, der mit seinem Filmporträt „zu 99,9 Prozent“zufrieden sein soll. Daraus die Ermutigung für einen weiteren eigenen Film abzuleiten, sollte man ihm allerdings zu 100 Prozent ausreden.
The Disaster Artist. Regie: James Franco. Mit James Franco, Dave Franco, Seth Rogen. USA 2017. 104 Minuten. FSK ab 12.