Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Herr Hämmerle blickt in die schwäbische Weihnachtsseele
Bernd Kohlhepp reimt im Lichtspielhaus über Bredla und Glühwein und glitzert wie eine Christbaumbeleuchtung
RIEDLINGEN - Bereits drei Tage vor dem Jahreswechsel hat Lichtspielhausbetreiber Jürgen Matzner Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle mit seinem Programm „Silvesterknaller“auf die Bühne geholt. Herr Hämmerle kommt aus Bempflingen und ist Schwabe durch und durch und er ließ an diesem Abend tief in die schwäbische Seele blicken. Besonders an Weihnachten und den Tagen danach, den sogenannten Raunächten, wo es nicht nur im Bempflingen neblig ist, wird die schwäbische Denkweise deutlich. Wenn eine Frau sagt „Mir schenket ons nix“, dann heißt das natürlich: „scho ebbes“.
Der Künstler selbst kam weihnachtlich daher: im ersten Teil im todschicken giftgrünen Anzug (statt eines Christbaums) aus Polyester, um dann in ein türkisfarbenes Glitzerjacket zu wechseln mit aufgedruckten Schneeflocken und Strasssteinchen. Wer Kohlhepp kennt, weiß um dessen Wortwitz und um seine Sprachfertigkeit, was er gerne im Dialog mit dem Publikum unter Beweis stellt. Gefährlich ist es, in der ersten Reihe zu sitzen – die blieb tatsächlich leer, doch Hämmerle wählte sich aus der zweiten Reihe dann Andrea, Julia mit Gunnar und einen stoisch dasitzenden Biertrinker mit verschränkten Armen aus, deren Namen er in Lieder und in kleine Episoden einbaute. Auch der Presse (die muss ja vorne sitzen) gab Herr Hämmerle wichtige Ratschläge wie „Schreiben Sie das genauso auf!“oder „Das brauchen Sie nicht zu notieren“und auch kritische Anmerkungen wie „mit der Orthographie haben Sie es ja nicht so!“
Für Springerle brauchsch a Flex
Dazwischen immer wieder Songs, meist von Elvis, zu denen Hämmerle als Karaoke-Version schwäbisch sang. Die Lieder handelten von Weihnachtsgebäck (Bredla sind Guatzla, Springerle sind steinhart: „oine send woich, für andre brauchsch a Flex“) oder vom Gigolo – frei übersetzt mit „Gockeler“. Mitgebracht hatte Herr Hämmerle auch ganz feine Glühweingedichte, kurz und pointiert: „und ist die Hausfrau wirklich tüchtig, kocht sie den Adventskranz aus“. Elvis ist dem schwäbischen Künstler inzwischen so ans Herz gewachsen, dass derselbe als große Handpuppe an der Seite von Hämmerle auftreten und singen darf.
Es waren einmal wieder zwei Stunden pures Vergnügen, feiner schwäbischer Humor und viel Spontaneität im Dialog mit dem Publikum – witzig, spritzig und niemals flach. Dazu passte auch die Zugabe des allseits bekannten Weihnachtslieds „Oh Tannenbaum“, allerdings gesungen zur Melodie von „Stille Nacht“– geht übrigens auch umgekehrt.