Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nur noch ein Ticket für Bus und Bahn
Ab 2021 sollen Kunden mit einem Fahrschein Regiozüge, Busse und Straßenbahnen nutzen
STUTTGART - Ein Land, ein Ticket: Nach diesem Motto sollen Kunden von Bus und Bahn ab 2021 quer durch Baden-Württemberg reisen können. Möglich macht das die BW-Tarif GmbH, die am Montag in Stuttgart gegründet wurde. Katja Korf beantwortet die wichtigsten Fragen zum neuen Tarifsystem.
Wie funktioniert der neue BWTarif ?
Ab dem Dezember 2018 können Passagiere an jedem Bahnhof ein Ticket zu ihrem Reiseziel kaufen. Die Fahrkarte gilt für Regionalzüge und für Busse oder Straßenbahnen am Zielort. Kunden können die Karten an Ticketautomaten erwerben, außerdem per App fürs Smartphone oder als ETicket auf einer Internetseite. Ab 2021 planen die Projektpartner den nächsten Schritt: Wer irgendwo im Land in einen Bus oder eine Straßenbahn steigt, kann beim Fahrer oder via Internet ein Ticket zu seinem Ziel kaufen – egal, wo dieses in BadenWürttemberg liegt. Das Billet gilt für Bus, Regiozug, S-Bahn und Verkehrsmittel am Reiseziel. Kunden können entweder die genaue Zielhaltestelle angeben oder nur die Gemeinde, in die sie reisen – beides reicht, um den Preis für die Fahrtkarte zu berechnen. Auch Zeitkarten können so erworben werden.
Werden Fahrten teurer?
Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) versprach am Montag: „Nein, es wird sogar eher günstiger.“Die Kosten lägen unter denen, die für ein Bahnticket plus Nahverkehrsticket derzeit anfallen. Erfahrungen aus anderen Bundesländern mit ähnlichen System zeigen demnach: Es fahren mehr Menschen Bus und Bahn, dadurch steigen die Einnahmen, die Preise sinken.
Warum gibt es ein solches System erst jetzt?
In Baden-Württemberg gibt es 22 Nahverkehrsverbünde für den Bus- und Straßenbahnverkehr. Hinzu kommen neun Bahngesellschaften, die den regionalen Zugverkehr organisieren. Das Land selbst wiederum muss den Rahmen für Bus- und Bahnverkehr in Baden-Württemberg schaffen. Diese Beteiligten unter einen Tarifhut zu bekommen, ist nicht einfach. So haben die Verbünde unterschiedliche Tarif- und Verkaufssysteme.
Wer soll diese Probleme lösen?
Das übernimmt die neu gegründete BW-Tarif GmbH. Sie hat ihre Büros in Stuttgart und soll 2018 bis zu sieben Mitarbeiter bekommen. Ihre Gesellschafter sind unter anderem das Land, die regionalen Zugunternehmen wie etwa die DB Regio oder Abellio. Sie haben Verträge untereinander und mit den 22 Nahverkehrsverbünden geschlossen, die den Busverkehr organisieren. Die GmbH verteilt nach einem festgelegten Berechnungsmodell die Einnahmen aus den Ticketverkäufen. So erhält ein Verbund Geld für eine Fahrt, obwohl ein Kunde sein Ticket anderswo gelöst hat. Außerdem bereitet die GmbH Fahrplandaten elektronisch so auf, dass diese an jedem Automaten, in jedem Bus und im Internet für ganz Baden-Württemberg abrufbar sind.
Was wird aus dem Baden-Württemberg-Ticket?
Für 23 Euro ab 9 Uhr durchs ganze Land: Dieses Angebot soll weiter gelten. Das heutige Baden-Württemberg-Ticket wird als Tageskarte im BW-Tarif verkauft.
Was ist, wenn ich mit Regionalzügen oder Nahverkehrsmitteln in ein anderes Bundesland oder ins Ausland fahre?
Dafür gilt der BW-Tarif zunächst nicht. Um Reisenden in Grenzregionen entgegenzukommen, führen die Verantwortlichen Gespräche mit anderen Bundesländern und Anrainerstaaten. Angebote wie etwa beim Baden-Württemberg-Ticket sollen erhalten werden. Mit diesem kann man derzeit etwa nach Lindau in Bayern oder nach Basel reisen. Es laufen auch Verhandlungen mit der Bahn, um Bahncard-Kunden im neuen BWTarif Rabatte zu ermöglichen. Wer Fernzüge wie Intercitys nutzt, kann jetzt schon Anschlusstickets für den Nahverkehr mit dazu kaufen.
Was kostet das neue System?
Das Land zahlt bis 2025 rund 18 Millionen Euro. Danach soll sich das System aus eigener Kraft tragen.
Gibt es Kritik?
Der Fahrgastverband Pro Bahn lobt die Verbesserungen im Tarifdschungel. Sie gälten aber nur für eine kleine Zielgruppe von Reisenden, die über Verbundgrenzen unterwges seien.