Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hermann fordert raschen Ausbau des Schienennetzes
Verkehrsminister wirft dem Bund Versäumnisse vor – Sperrung der Rheintal-Strecke lege Defizite offen
STUTTGART - Die Ursachen sind noch unklar, die Folgen schon jetzt dramatisch: Die Sperrung der Rheintalbahn blockiert eine der wichtigsten Güterrouten Europas. Doch ein Gutes könnte die Tunnelhavarie haben. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hofft, mit Forderungen nach einem Ausbau von Bahnstrecken im Land besser durchzudringen – bei der Bahn, aber vor allem bei der Bundesregierung. Davon sollen sowohl die Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen als auch die Gäubahn von Stuttgart nach Singen profitieren.
Am Dienstag hatte Hermann der Ministerrunde in Stuttgart berichtet, wie sich die Lage bei Rastatt aktuell darstellt. Noch bis zum 7. Oktober bleibt die Trasse gesperrt. Vor einem Monat ist bei Bauarbeiten ein Tunnel eingestürzt. Reisende müssen auf Busse ausweichen, Güterzüge werden umgeleitet, allerdings gibt es kaum geeignete Trassen.
„Die Havarie des Rastatter Tunnels verdeutlicht, wie anfällig die Schieneninfrastruktur in Deutschland und Baden-Württemberg ist“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Kabinettssitzung. Es räche sich, dass das Schienennetz jahrzehntelang ausgedünnt worden sei. Deswegen fehle es an Ausweichrouten für Notfälle. Verantwortlich dafür machen die Grünen Spitzenpolitiker das Bundesverkehrsministerium. Das Amt gleiche einem „Strafbataillon“der Bundesregierung und sei mit Ressortchefs besetzt gewesen, die entweder wenig Leidenschaft oder wenig Kompetenz mitgebracht hätten, so Kretschmann.
Die Grünen-Politiker verweisen darauf, dass Baden-Württemberg zahlreiche Strecken im Land beim Bund für den Ausbau angemeldet habe. Darunter waren auch jene Trassen, die nun als Ausweichrouten für die Rheintal-Strecke genutzt werden, aber entweder eingleisig sind oder noch nicht elektrifiziert. Deshalb gibt es im europäischen Warenverkehr Verzögerungen. Der Bund hatte wesentlich weniger Bahntrassen in seinen Pläne aufgenommen, als vom Land beantragt.
SPD mahnt Geld vom Land an
„Die fälschlicherweise vom Bund als Nebenstrecken eingestuften Strecken müssen nun ausgebaut, modernisiert und elektrifiziert, Engpässe beseitigt und Lücken geschlossen werden – allen voran die Gäubahn als Verbindung zwischen Stuttgart und Zürich sowie die Südbahn zwischen Ulm und Friedrichshafen“, so Hermann. Für die letztgenannten hat der Bund zwar Unterstützung zugesagt – aber erst nach jahrelangem Ringen.
Die SPD forderte das Land auf, selbst mehr Geld in die Schiene zu investieren. Der Ulmer Abgeordnete Martin Rivoir sagte: „Statt nur auf den Bund zu zeigen, sollte die grünschwarze Landesregierung selbst Nägel mit Köpfen machen und eigene Mittel in die Hand nehmen.“Die Kassen Baden-Württembergs seien schließlich prall gefüllt.