Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Unechte Teilortswahl bleibt
Knappes Votum des Riedlinger Gemeinderats – Bürgerentscheid ist damit vorerst vom Tisch
Knappes Votum im Riedlinger Rat – Bürgerentscheid vorerst vom Tisch.
RIEDLINGEN - Die Unechte Teilortswahl (UTW) in Riedlingen bleibt erhalten. In einer knappen Entscheidung hat sich der Gemeinderat bei 13 zu 12 Stimmen (eine Enthaltung) für die Beibehaltung der UTW ausgesprochen. Damit haben die Riedlinger Ortsteile auch bei der nächsten Kommunalwahl 2019 garantierte Sitzzahlen im Gremium. Ein von der Verwaltung avisierter Bürgerentscheid ist damit hinfällig.
„Unechte Teilortswahl“klingt sehr nüchtern und bürokratisch. Doch dass das Thema auch Emotionen birgt, wurde beim Blick in den Sitzungssaal deutlich: Rund 30 aktuelle und ehemalige Ortschaftsräte saßen auf den Besucherstühlen, um der Debatte zu folgen.
In seinen einführenden Worten blickte Bürgermeister Marcus Schafft auf die Anfänge zurück. Mit der Eingemeindung der Teilorte Anfang der 70er wurde den Ortsteilen eine feste Anzahl von Sitzen im Gemeinderat zugesagt, um ihnen eine Stimme im Rat zu garantieren. Doch nun, nach über 40 Jahren, lautet für ihn die Frage: „Ist es erforderlich, dass Ortsteile feste Sitze haben sollen?“, so Schafft. Es gehe nicht darum, die Ortschaftsräte und die Ortsverwaltungen abzuschaffen. Im Gegenteil: Sollte es eine Entscheidung pro Abschaffung geben, schlug die Verwaltung vor, die Ortsgremien zu stärken, indem deren Befugnisse gestärkt werden sollen. Die Beibehaltung oder Abschaffung der UTW sei weniger eine „Rechts-, als viel mehr eine Vertrauensfrage“, so Schafft. „Sind wir nicht schon so lange zusammen, dass wir auch mit allgemeinem Wahlrecht positive Ergebnisse erzielen können?“, fragte er.
Die Gremien in den Teilorten haben diese Frage negativ beantwortet. Die Ortschaftsräte haben sich in ihren Beratungen einhellig für die Beibehaltung der UTW entschieden. „Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif “, sagte Franz-Martin Fiesel, Gemeinderat aus Daugendorf. Und Neufras Ortsvorsteher Hermann Hennes formulierte einen alternativen Beschlussvorschlag, der mit anderen Fraktionen im Vorfeld abgestimmt worden war: Er schlug vor, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen und sich erst für die Wahlperiode 2019 bis 2024 damit zu befassen, um gegebenenfalls Änderungen für die Wahlperiode 2024 bis 2029 einzuleiten. Die Begründung: Bei einem Wegfall der UTW sind umfangreiche Neuregelungen in der Hauptsatzung notwendig. Angesichts der anstehenden Neubesetzung im Hauptamt und der Fluktuation sind für diese arbeitsintensive Umstellung die Kapazitäten nicht vorhanden. Auch äußerte er Zweifel, dass die Vorschläge zur Stärkung der Ortsgremien (eigenes Budget, erweiterte Befugnisse) die möglicherweise wegfallenden Sitze im Rat ausgleichen. Dorothea Kraus-Kieferle und Josef Martin sprachen sich im Namen ihrer Fraktionen für diesen interfraktionellen Vorschlag aus.
Bürgermeister Marcus Schafft nahm den Antrag zur Kenntnis. Doch Franz-Martin Fiesel
zunächst ließ er über die Variante A des Verwaltungsvorschlags abstimmen: „Der Gemeinderat ist für die Beibehaltung der Unechten Teilortswahl.“Dies sei der weiterführende Antrag, so Schafft. Doch dies führte zu einer gewissen Verwirrung unter den Räten, was Manfred Schlegel dann Schafft auch vorwarf. Das Ergebnis war knapp, aber eindeutig: 13 Ratsmitglieder stimmten mit „Ja“und damit für die Beibehaltung der UTW, zwölf dagegen, einer enthielt sich. „Das ist besser gelaufen, als wir gedacht hatten“, sagte hernach einer der Ortschaftsräte – wohl auch deshalb, weil sieben Stadträte aus dem Kernort bei der Sitzung fehlten.
Darunter waren auch vier, die diese Diskussion erst ins Rollen gebracht hatten. Denn vor Monaten hatten zehn Räte einen interfraktionellen Antrag eingebracht, dass die UTW für die nächste Wahl 2019 abgeschafft werden soll. Dem waren dann umfangreiche Informationsgespräche auch mit externen Moderatoren und den Beratungen in den Ortsgremien gefolgt. Die Verwaltung hatte zudem vorgeschlagen, dass dazu ein Bürgerentscheid stattfinden solle. Als Termin war der 3. Dezember ins Auge gefasst worden. Doch dies ist nun, nach diesem Ratsbeschluss, hinfällig. Allerdings besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Bürger über ein Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid erzwingen. Dafür sind allerdings 600 Unterschriften notwendig.
Die UTW ist in Riedlingen schon lange in der Diskussion. Der ehemalige, langjährige Stadtrat Ulrich Widmann, hat sich in vielen Einlassungen für die Abschaffung der UTW stark gemacht. Hauptargument: die „Unechte Teilortswahl führt gerade in Riedlingen zu einer gravierenden Unterbzw. Überrepräsentation von über 40 Prozent“, weil ein Ratsmitglied aus Riedlingen deutlich mehr Stimmen einsammeln muss, um gewählt zu werden, als in einem Teilort. Das widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. Außerdem blähe es das Gremium auf.
Ein Video zum Ratsbeschluss finden Sie auch unter
„Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif.“